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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil C Stammgesetze

4 Gliederung des Stammgesetzes

    • Der äußere Aufbau des Gesetzes wird von seinem Inhalt bestimmt. Deshalb gibt es kein Schema, das für alle Gesetze passt. Es gibt jedoch Faustregeln, die bei jedem Entwurf eines Gesetzes zu beachten sind. So muss Wichtiges vor dem weniger Wichtigen, eine materielle Vorschrift vor einer Verfahrensregelung, eine Regel vor einer Ausnahme und eine Pflicht vor einer Sanktion erscheinen.

      In der Regel bietet sich der Aufbau in folgender Reihenfolge an:

      1. Regelungen zu Anwendungs- oder Geltungsbereich (Rn. 374),
      2. Begriffsbestimmungen (Rn. 375 bzw. 267 ff.),
      3. materielle Regelungen,
      4. Regelungen zu Verfahren und Zuständigkeit,
      5. Strafvorschriften, Bußgeldvorschriften (Rn. 41),
      6. Übergangsvorschriften (Rn. 421 ff.),
      7. Inkrafttretensvorschrift (Rn. 440 ff.).

      Darstellungen wie Tabellen, und Abbildungen sollten zur Entlastung des Vorschriftentextes möglichst in Anlagen (Rn.390 ff.) aufgeführt werden.

      Zur Bedeutung der Gliederung eines Gesetzes für dessen Verständlichkeit siehe auch Teil B Abschnitt III Allgemeine Regeln für verständliche Rechtsvorschriften Rn. 240.

    • Ziel und Zweck eines Gesetzes sollten aus dessen Regelungen selbst ohne Weiteres erkennbar sein und können oft auch bereits mit der Bezeichnung des Gesetzes kenntlich gemacht werden. Allgemeine Zweckbestimmungen und politische Absichtserklärungen zu den Zielen des Gesetzes haben keinen Regelungsgehalt und gehören daher nicht in den Normtext, sondern in die Gesetzesbegründung (§ 43 Absatz 1 Nummer 1 GGO).

      Fehlbeispiel (§ 1 des Atomgesetzes):

      § 1
      Zweckbestimmung des Gesetzes

      Zweck dieses Gesetzes ist,

      1. die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet zu beenden und bis zum Zeitpunkt der Beendigung den geordneten Betrieb sicherzustellen,
      2. Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen und durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen verursachte Schäden auszugleichen,
      3. zu verhindern, dass durch Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie oder ionisierender Strahlen die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet wird,
      4. die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes zu gewährleisten.
    • Der Anwendungsbereich bzw. Geltungsbereich des Gesetzes (beides wird synonym verwendet) kann sachlich, personell, örtlich oder zeitlich eingegrenzt werden. Regelungen über den Anwendungs- bzw. Geltungsbereich stehen am Anfang des Gesetzes.

      Beispiel:

      § 1
      Geltungsbereich

      (1) Dieses Gesetz regelt die Versorgung der Beamten des Bundes.

      (2) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des Deutschen Richtergesetzes entsprechend für die Versorgung der Richter des Bundes.

      (3) Dieses Gesetz gilt nicht für die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihre Verbände.

    • Begriffsbestimmungen sollen immer dann am Anfang eines Gesetzes zusammengefasst stehen, wenn diese Begriffe wesentlich für den zu regelnden Inhalt sind, von der allgemeinsprachlichen Bedeutung abweichen und im gesamten Gesetz mehrfach verwendet werden.

      Zur Bedeutung von Definitionen wie Begriffsbestimmungen und Legaldefinitionen für die Verständlichkeit des Gesetzes siehe Rn. 267 ff.).

    • Beim Entwurf von Stammgesetzen ist immer zu prüfen, ob infolge der Regelungen des Stammgesetzes andere Vorschriften aufgehoben werden können oder angepasst werden müssen (siehe auch Rn. 424).

      Sind Folgeänderungen in anderen Rechtsvorschriften erforderlich, ist für das Gesetzgebungsvorhaben die Form des Mantelgesetzes (Rn. 586 ff.) zu wählen, dessen Artikel 1 das neue Stammgesetz, Artikel 2 die Folgeänderungen und Artikel 3 das Inkrafttreten enthält.

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