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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil B Allgemeine Regeln zur rechtsförmlichen und sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften

Abschnitt III Allgemeine Regeln für verständliche Rechtsvorschriften

    • „Gesetzentwürfe müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein“ (§ 42 Absatz 5 Satz 1 GGO). Dies gilt auch für Entwürfe von Rechtsverordnungen (§ 62 Absatz 2 Satz 1 GGO).

      Verständlichkeit ist auch bei Rechtsvorschriften keine reine Texteigenschaft, sondern hängt davon ab, wie viel Erfahrung jemand mit dieser Textsorte hat und über wie viel Vorwissen zum jeweiligen Gegenstand der Rechtsvorschrift er verfügt. Gerade beim Verfassen von Regelungstexten ist zu berücksichtigen, dass diese Texte nicht nur von juristisch gebildeten Experten oder von Personen, die im jeweiligen Fachgebiet tätig sind, verstanden werden müssen, sondern so weit wie möglich auch von Personen ohne fachliches Vorwissen. Die Verständlichkeit einer Rechtsvorschrift ist somit auf verschiedene Personenkreise zu beziehen: sowohl auf berufliche Rechtsanwender als auch auf Laien (Rn. 243).

      Rechtsvorschriften müssen außerdem barrierefrei sein, damit sie von einer Sprachausgabe-Software (Screenreader) vorgelesen werden können (Rn. 332).

      Die Empfehlungen dieses Handbuchs zur sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften sind aus allgemeinen Verständlichkeitsprinzipien abgeleitet und werden hier mit rechtssystematischen und rechtsförmlichen Anforderungen verknüpft. Die Empfehlungen sollen dabei helfen, einen logisch strukturierten und klar formulierten Regelungstext zu erstellen, dessen Verständlichkeit allen Lesern – Experten wie auch Laien – zugutekommt.

    • Rechtsvorschriften sind Fachtexte. Sie sind hochformalisiert und äußerst intertextuell. Regelungen können nur im Zusammenhang mit Regelungen derselben Rechtsvorschrift, oft auch nur im Zusammenhang mit anderen Rechtsvorschriften oder anderen Texten verstanden und angewendet werden.

      Obwohl sich Rechtsvorschriften auch an Laien richten, werden darin fachliche Grundlagen vorausgesetzt. Auch die Grundlagen des juristischen Verstehens von Rechtsvorschriften – wie z. B. die Kenntnis juristischer Systematik und juristischer Terminologie – werden weitgehend vorausgesetzt.

    • Insbesondere die juristische Fachsprache muss in Regelungstexten mit Bedacht verwendet werden. Denn eine Besonderheit der juristischen Fachsprache liegt in der Verwendung von Ausdrücken, die der Form nach mit denen der allgemein verwendeten Sprache übereinstimmen, ihrer Bedeutung nach aber von dieser abweichen. So sind juristische Fachbegriffe für den Laien häufig nicht als solche erkennbar, wodurch es zu Missverständnissen kommen kann. Dessen sollte man sich beim Gebrauch bestimmter Ausdrücke und Fachbegriffe in Regelungstexten bewusst sein und stets prüfen, ob sie im jeweiligen Fall durch eine allgemeinverständliche Formulierung ersetzbar oder aber im Interesse einheitlicher Rechtsanwendung unverzichtbar sind. Zum Beispiel bedeutet das Adjektiv „grundsätzlich“ als rechtssprachlicher Begriff „dem Grundsatz folgend, jedoch mit begründeten Ausnahmen“, wohingegen es in der Allgemeinsprache oft im Sinne von „ohne Ausnahme“ verwendet wird.

    • Rechtsvorschriften müssen fachlich und juristisch präzise gefasst sein.

      Oft enthalten sie neben juristischer Fachsprache auch Elemente weiterer Fachsprachen: im Gesundheitsrecht oder im Tierschutzrecht z. B. Elemente der (veterinär-)medizinischen Fachsprache, bei Regelungen im Umweltrecht z. B. fachsprachliche Elemente aus der Umwelttechnik oder den Naturwissenschaften. Zwischen den verschiedenen Fachsprachen und der größtmöglichen Verständlichkeit muss ein Kompromiss gesucht werden, der nicht zulasten der fachlichen und juristischen Präzision geht.

      Für verständliche Regelungstexte gilt: So viel Fachsprache wie nötig, so viel Allgemeinverständlichkeit wie möglich.

    • Anders als viele andere Fachtexte haben Rechtsvorschriften sehr unterschiedliche Adressaten: Sie richten sich sowohl an berufliche Rechtsanwender (z. B. in Behörden, Unternehmen oder Verbänden) als auch an Laien. (Rn. 247 ff.). Daher ist in Gesetzen und Verordnungen eine möglichst verständliche Sprache wichtig. Bei Regelungen, die Bürger und Bürgerinnen unmittelbar betreffen, ist die Perspektive der Laien besonders zu berücksichtigen.

    • Die Verständlichkeit von Gesetzen und Verordnungen kann durch andere Texte unterstützt werden.

      Beruflichen Rechtsanwendern helfen vor allem die fachlichen Erläuterungen des Regelungstextes eines Gesetzes oder einer Verordnung in der Begründung§ 43, 62 Absatz 2 GGO).

      Laien können zusätzliche allgemeinverständliche Erläuterungen zur Verfügung gestellt werden, etwa in Form von

      • erklärenden Hinweisen und Empfehlungen auf den Internetseiten der Bundesministerien oder
      • Broschüren mit Erläuterungen und Anwendungsbeispielen.

      Diese Unterstützung entbindet jedoch nicht von der Pflicht, schon beim Formulieren des Regelungstextes auch Laien im Blick zu haben.

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