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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil B Allgemeine Regeln zur rechtsförmlichen und sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften

Abschnitt II Allgemeine rechtsförmliche Regeln

5 Standardformulierungen für Stichtage, Fristen, und Geltungszeitregelungen

    • Ein Stichtag wird in Rechtsvorschriften in Form eines konkreten Datums oder unter Benennung eines konkreten objektiven Ereignisses formuliert. Er kann Beginn eines unbestimmten oder bestimmten Zeitraumes oder Ende eines Zeitraumes bzw. einer Frist sein (Rn. 151 ff.). Bei der Formulierung von Regelungen mit Stichtagen muss eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, ob am bezeichneten Tag (bezeichnet mit Datum oder durch Nennung eines konkreten objektiven Ereignisses) bestehende oder entstehende Sachverhalte einbezogen oder ausgeschlossen sind.

    • Soll der Stichtag den Beginn eines bestimmten oder unbestimmten Zeitraums markieren, so ist er vollständig (ab 0 Uhr) einbezogen, was durch eine der folgenden Wendungen zum Ausdruck gebracht wird:

      „ab“

      „vom [Datum] an“ oder „von dem Tag an“

      „mit Beginn des [Datum]“

      „beginnend vom [Datum]“

      Beispiele 1:

      Der Antrag kann ab dem 1. Dezember 2020 gestellt werden.

      Der Antrag kann vom 1. Dezember 2020 an gestellt werden.

      Der Antrag kann mit Beginn des 1. Dezember 2020 innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

      Solche Formulierungen spielen oft in Übergangsregelungen (Rn. 558 ff.) eine Rolle.

      Formulierungen, die einen Stichtag mit „am“ bezeichnen, können ebenfalls den Beginn eines Zeitraumes markieren, insbesondere auch die Wendung „an dem Tag“ in Kombination mit einem Ereignis. Solche Formulierungen werden in Rechtsvorschriften vor allem in Geltungszeitregelungen verwendet.

      Beispiele 2:

      … tritt am 1. April 2020 in Kraft.

      … tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

    • Mit „bis“ formulierte Stichtagsregelungen, die das Ende eines Zeitraumes bzw. einer Frist bestimmen, sind Laien ohne erläuternden Zusatz oft nicht klar, weil aus ihnen nicht hervorgeht, ob der Stichtag in den betreffenden Zeitraum einbezogen ist. Soll der Stichtag in den Zeitraum eingeschlossen sein, endet also der Zeitraum am genannten Tag um 24 Uhr, so wird dies durch eine der folgenden Wendungen zum Ausdruck gebracht:

      „mit Ablauf des [Datum]“

      „bis einschließlich [Datum]“ oder „bis zum Ablauf des [Datum]“

      „am [Datum]“ oder „an dem Tag“

      Beispiele:

      Die Antragsfrist endet mit Ablauf des 31. Dezember 2020.

      Der Antrag kann bis einschließlich 31. Dezember 2020 gestellt werden.

      Die Antragsfrist endet am 31. Dezember 2020.

      statt:

      Der Antrag kann bis zum 1. Dezember 2020 gestellt werden.

      besser:

      Der Antrag kann bis einschließlich 1. Dezember 2020 gestellt werden.

      oder:

      Der Antrag kann bis zum Ablauf des 1. Dezember 2020 gestellt werden.

    • Wird in Rechtsvorschriften als Stichtag der erste oder der letzte Tag eines Monats oder eines Jahres genannt, ist in der Regel der Zeitpunkt des Jahres- oder Monatswechsels gemeint, also

      • der Anfang des ersten Tages des Monats oder Jahres um Mitternacht (0 Uhr) oder
      • das Ende des letzten Tages des Monats oder Jahres um Mitternacht (24 Uhr).

      Mit Rücksicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch und im Interesse der Rechtsklarheit sollte der Zeitpunkt auch in diesen Fällen unmissverständlich formuliert werden.

      statt:

      Die Länder übersenden dem Bund jährlich bis 1. Oktober ihre Förderungslisten für das nächste Jahr mit dem Antrag auf Gewährung von Finanzhilfen.

      besser:

      Die Länder übersenden dem Bund jährlich spätestens bis zum Ablauf des 30. September ihre Förderungslisten für das nächste Jahr mit dem Antrag auf Gewährung von Finanzhilfen.

    • Eine Frist ist ein abgegrenzter, also bestimmter oder bestimmbarer Zeitraum. Fristen werden durch Datumsangaben, durch eine Zahl von ganzen Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren angegeben. Bei Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren berechnet werden, muss klargestellt werden, wann sie genau beginnen und wann sie genau enden.

      Fristbeginn ist grundsätzlich der Anfang des ersten Tages um Mitternacht (0 Uhr), Fristende ist grundsätzlich das Ende des letzten Tages um Mitternacht (24 Uhr).

    • Eindeutig ist eine Frist, wenn ihr Beginn und ihr Ende jeweils durch ein konkretes Datum festgelegt werden.

      Beispiel:

      Vom 1. Januar 2020 bis zum Ablauf des 31. Mai 2022 bestimmt sich die Miete nach § ...

    • Beginn und Ende der Frist sind klar festgelegt, wenn auf Kalenderwochen, Kalendermonate oder Kalenderjahre Bezug genommen wird:

      • Dient eine Kalenderwoche als Zeiteinheit zur Fristsetzung, so beginnt die Frist um 0 Uhr des nächsten Montags, der auf das für die Fristsetzung maßgebliche Ereignis folgt, und endet am darauffolgenden Sonntag, 24 Uhr.

        Beispiel 1:

        Können bei der erstmaligen Antragstellung in einem Ausbildungsabschnitt oder nach einer Unterbrechung der Ausbildung die zur Entscheidung über den Antrag erforderlichen Feststellungen nicht binnen sechs Kalenderwochen getroffen oder Zahlungen nicht binnen zehn Kalenderwochen geleistet werden, so wird für vier Monate Ausbildungsförderung bis zur Höhe von ... Euro monatlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet.

      • Dient ein Kalendermonat als Zeiteinheit zur Fristsetzung, so beginnt die Frist um 0 Uhr am Ersten des nächsten Kalendermonats, der auf das für die Fristsetzung maßgebliche Ereignis folgt, und endet am Letzten dieses Monats, 24 Uhr (z. B. 1. März 2023, 0 Uhr, bis 31. März 2023, 24 Uhr).

        Beispiel 2:

        Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind für den jeweiligen Kalendermonat innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu beantragen; ….

      • Dient ein Kalenderjahr als Zeiteinheit zur Fristsetzung, so beginnt die Frist um 0 Uhr am 1. Januar des nächsten Jahres, das auf das für die Fristsetzung maßgebliche Ereignis folgt, und endet am 31. Dezember dieses Jahres, 24 Uhr.

        Beispiel 3:

        Bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks gelten die Wohnungen, für die öffentliche Mittel als Darlehen bewilligt worden sind, bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem Kalenderjahr, in dem der Zuschlag erteilt worden ist, als öffentlich gefördert, sofern …

      Die genaue Dauer des jeweiligen Zeitraumes hängt von dessen Lage im Kalender ab.

    • Soll eine Frist in Wochen, Monaten oder Jahren angegeben werden, so geschieht dies in Abhängigkeit von einem maßgeblichen Ereignis. Eine Bemessung der Frist nach Kalenderwochen, Kalendermonaten oder Kalenderjahren ist in diesem Fall nicht korrekt. Bei der Festsetzung und Ermittlung des Ablaufdatums dieser Fristen sind die §§ 187 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu beachten.

      Beispiele:

      Wer die Dienstvorgesetztenbefugnisse gegenüber der Beamtin oder dem Beamten wahrnimmt, eröffnet ihr oder ihm die Leistungsbeurteilung innerhalb von acht Wochen nach Ablauf des Beurteilungszeitraums im Rahmen eines Gesprächs. … Zur Vorbereitung auf das Gespräch erhält sie oder er mindestens zwei Wochen vorher den Entwurf der Leistungsbeurteilung.

      Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsdienstleister nach diesem Unterkapitel sind ausgeschlossen, wenn dieser seinen Zahlungsdienstleister nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat.

    • Die Formulierung von Altersangaben sollte sich am allgemeinen Sprachgebrauch orientieren. Die Wendungen „Vollendung des … Lebensjahres“ und „das … Lebensjahr vollenden“ verursachen bei Laien häufig Missverständnisse. Für Laien ist oft unklar, wann ein Lebensjahr vollendet ist: Vollendet jemand sein 16. Lebensjahr an dem Tag, an dem er 16 oder an dem er 17 Jahre alt wird?

      Das Lebensjahr ist mit Ablauf des Tages (24 Uhr) vor dem Geburtstag vollendet. Eine Formulierung, die nicht das vollendete Lebensjahr, sondern das erreichte Alter in den Vordergrund stellt, ist besser verständlich:

      Beispiele:

      Personen unter 16 Jahren

      ab einem Alter von 16 Jahren

      müssen mindestens 16 Jahre alt sein

      eine Person, die 16 Jahre alt oder älter ist, …

      Auch durch die Nennung eines konkreten Datums (z. B. Geburtsjahr, Geburtstag) können Regelungen mit Altersangabe leichter nachvollzogen werden.

      statt:

      Vom 1. Januar 2008 an gilt Satz 1 nur noch, wenn der Anspruch vor dem 1. Januar 2008 entstanden ist und der Arbeitslose vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hat.

      besser:

      Vom 1. Januar 2008 an werden Arbeitslosigkeitszeiten nach Satz 1 Nummer 1 nur berücksichtigt, wenn die Arbeitslosigkeit vor dem 1. Januar 2008 begonnen hat und der Versicherte vor dem 2. Januar 1950 geboren ist.

    • Nach Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes soll jedes Gesetz den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Wird das Inkrafttreten nicht im Gesetz festgelegt, tritt es mit dem 14. Tag nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist (Artikel 82 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes).

      Die Bestimmung des Inkrafttretens eines Gesetzes ist wesentlicher Teil der Gesetzgebung und nicht delegierbar. So ist es unzulässig, die Bundesregierung oder ein Bundesministerium im Gesetz zu ermächtigen, den Zeitpunkt des Inkrafttretens durch Rechtsverordnung zu bestimmen bzw. durch Rechtsverordnung einen im Gesetz festgelegten Zeitpunkt hinauszuschieben oder vorzuverlegen. Ebenso ist es unzulässig, das Inkrafttreten eines Gesetzes an die Verkündung oder das Inkrafttreten einer Rechtsverordnung zu knüpfen.

      Eine Inkrafttretensregelung soll schon im ersten Entwurf des Gesetzes vorgesehen sein. Sie ist während des Rechtsetzungsverfahrens auf Aktualität zu überprüfen.

    • Mit dem Inkrafttreten wird ein Gesetz wirksam.

      Vom Inkrafttreten sind die Existenz eines Gesetzes sowie zeitliche Modifizierungen seiner Anwendung zu unterscheiden:

      Existent ist das Gesetz mit seiner Verkündung durch Ausgabe des Bundesgesetzblattes; es kann dann z. B. bereits durch andere Rechtsvorschriften in Bezug genommen werden (Rn. 118).

      Für die Anwendung des Gesetzes oder einzelner Regelungen, etwa auf bestimmte Sachverhalte, Veranlagungszeiträume oder Geschäftsjahre, kann durch Anwendungsregelungen ein anderer, nach dem Inkrafttreten liegender Zeitpunkt oder Zeitraum festgelegt werden. Solche Anwendungsregelungen können auch Übergangsvorschriften (Rn. 558 ff.) sein.

    • Die Inkrafttretensregelung ist stets die letzte Regelung des Gesetzes. So ist klar, dass sich die Inkrafttretensregelung auf das gesamte Gesetz bezieht. Zu den Besonderheiten des Standortes bei verschiedenen Arten von Gesetzen siehe Rn. 441 ff. bzw. 595 ff., 602, 619.

    • Der Gesetzgeber kann den Zeitpunkt für das Inkrafttreten unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen (Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 und Artikel 84 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes) grundsätzlich frei bestimmen. Er muss dabei berücksichtigen, dass viele Regelungen für ihre Umsetzung eine gewisse Vorlaufzeit benötigen (z. B. für die Vorbereitung von Rechtsverordnungen oder für organisatorische Vorarbeiten der Verwaltung). Dann sollte zwischen Verkündung und Inkrafttreten ein angemessener Zeitraum liegen.

      Die Begründung zum Gesetzentwurf soll Aussagen darüber enthalten, warum der angegebene Zeitpunkt festgelegt wurde.

    • Der Zeitpunkt des Inkrafttretens muss für alle Regelungen des Gesetzes so präzise wie möglich festgelegt werden. Dies dient der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit.

      Im Gesetzentwurf vorgesehene Inkrafttretenszeitpunkte müssen während des Gesetzgebungsverfahrens darauf überprüft werden, ob sie z. B. infolge von Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren oder wegen paralleler Gesetzgebungsverfahren aktualisiert werden müssen.

      Die Formulierung der Inkrafttretensvorschrift muss immer das gesamte Gesetz umfassen, d. h. auch den Paragrafen bzw. den Artikel, der das Inkrafttreten regelt.

      Beispiel:

      statt:

      Artikel 6
      Inkrafttreten

      Die Artikel 1 bis 5 treten am 1. Januar 2023 in Kraft.

      richtig:

      Artikel 6
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

    • Bei Gesetzen, die schnellstmöglich wirksam werden sollen, lautet die Inkrafttretensregelung:

      Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      Tag der Verkündung ist der Tag der Ausgabe des Bundesgesetzblatts. Der Folgetag und damit der Tag des Inkrafttretens kann ein Werktag (auch ein Sonnabend), ein Sonntag oder ein Feiertag sein.

      Im Unterschied dazu kann eine Formulierung, wonach das Gesetz „... am Tag der Verkündung“ in Kraft treten soll, problematisch sein und ist deshalb zu vermeiden. Denn diese Formulierung bedeutet, dass die Regelung vom Beginn des Tages an wirksam wird, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben wird, also ab 0 Uhr. Darin liegt stets eine Rückwirkung, die unter Umständen unzulässig sein kann.

    • Eindeutig und zugleich anwenderfreundlich ist es, wenn das Inkrafttreten durch Angabe eines konkreten Datums bestimmt wird. Auf diese Weise wird der Inkrafttretenszeitpunkt auf 0 Uhr des angegebenen Tages festgelegt.

      Beispiel:

      Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

    • Ein Gesetz kann auch in Kraft treten, nachdem eine durch das Gesetz bestimmte Frist abgelaufen ist, die am Tag nach der Verkündung beginnt. Eine solche Inkrafttretensregelung ist angezeigt, wenn eine Vorlaufzeit erforderlich ist.

      Die Vorlaufzeit kann als eine in Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Frist (Rn. 151 ff.) angegeben werden, die am Tag nach der Verkündung beginnt. Durch die Anknüpfung an die Verkündung bleibt die Vorlaufzeit konstant – unabhängig davon, wann das Gesetzgebungsverfahren tatsächlich beendet sein wird.

      Eine Vorlaufzeit ergibt sich auch, wenn der Beginn eines bestimmten auf die Verkündung folgenden Quartals für das Inkrafttreten gewählt wird. Hierbei steht jedoch nicht die Vorlaufzeit im Fokus, sondern die Absicht, dass sich die Rechtsanwender grundsätzlich nur quartalsweise auf Rechtsänderungen einstellen müssen.

      Inkrafttretensregelungen, die an die Verkündung anknüpfen, lassen allerdings besonders für Laien nicht eindeutig erkennen, ob der Verkündungstag selbst zur Vorlaufzeit zählt oder nicht. Daher sollen im Gesetzentwurf und in den parlamentarischen Drucksachen Datierungsbefehle (Rn. 164) verwendet werden. Sie richten sich an die Schriftleitung des Bundesgesetzblatts beim Bundesamt für Justiz.

    • Ein Datierungsbefehl ist eine an die Schriftleitung des Bundesgesetzblatts beim Bundesamt für Justiz (Rn. 21) gerichtete Anweisung, die den Zeitabstand zwischen dem Verkündungstag und dem Beginn des ersten Geltungstages angibt. Die Schriftleitung berechnet aus jedem Datierungsbefehl den Inkrafttretenszeitpunkt und trägt ihn in die Urschrift bzw. die Verkündungsfassung ein.

      Der Datierungsbefehl wird von der Schriftleitung ausgeführt, sobald der Ausgabetag des Verkündungsblattes feststeht. Im Bundesgesetzblatt erscheint dann nur noch das konkrete Datum.

    • Ein Datierungsbefehl kann auf den Beginn einer kalendarisch bestimmten Zeiteinheit abstellen, etwa der Kalenderwoche (Montag), eines Kalendermonats (z. B. 1. Juni), eines Quartals (1. Januar, 1. April, 1. Juli, 1. Oktober) oder eines Kalenderjahres (1. Januar). Der Rest der jeweils gewählten Zeiteinheit zählt dann zur Vorlaufzeit (Rn. 163).

      Beispiel 1:

      Ein Gesetz soll z. B. mindestens fünf ganze Kalendermonate Vorlaufzeit bekommen, daher wird als Zeiteinheit für den Datierungsbefehl ‚Kalendermonat‘ gewählt:

      Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: Datum des ersten Tages des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] in Kraft.

      Erläuterung:

      Erfolgt die Verkündung z. B. am 24. Juni 2020, tritt das Gesetz nach diesem Datierungsbefehl am 1. Dezember 2020 in Kraft. Die tatsächliche Vorlaufzeit beträgt dann fünf Monate und einige Tage.

      Der Kalenderbezug der gewählten Zeiteinheit (Kalenderwoche, Kalendermonat, Kalenderjahr) ist wichtig, denn die Wörter „Woche“, „Monat“ und „Jahr“ können auch in anderer Bedeutung verwendet und verstanden werden, aus der ein anderes Ende der Vorlaufzeit resultieren kann (vgl. § 188 Absatz 2 bis § 191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

      Beispiel 3:

      Bekanntmachung
      über das Inkrafttreten des Gesetzes
      zur Umsetzung der Akte vom 29. November 2000 zur
      Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente

      Vom 19. Februar 2008

      Nach Artikel 5 Satz 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2166) wird hiermit bekannt gemacht, dass das Gesetz nach seinem Artikel 5 Satz 1 mit dem Inkrafttreten der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (BGBl. 2007 II S. 1082, 1083) nach ihrem Artikel 8 Absatz 1 für die Bundesrepublik Deutschland am 13. Dezember 2007 in Kraft getreten ist.

    • Wenn das Gesetz ab Verkündung nach einer nicht in Kalenderwochen, sondern in Wochen bemessenen Vorlaufzeit in Kraft treten soll, lautet der Datierungsbefehl:

      Beispiel:

      ... tritt am ... [einsetzen: Datum acht Wochen nach der Verkündung] in Kraft.

      In solchen Fällen endet die Frist mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag der Verkündung entspricht (§ 188 Absatz 2 in Verbindung mit § 187 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Das Gesetz tritt mit Beginn des so ermittelten Tages in Kraft.

      Rechenbeispiel:

      verkündet: Dienstag 3. Januar 2023; in Kraft: Dienstag 28. Februar 2023

    • Wenn das Gesetz ab Verkündung nach einer nicht in Kalendermonaten, sondern in Monaten bemessenen Vorlaufzeit in Kraft treten soll, ist zu bedenken, dass die Monate unterschiedlich lang sind. In diesem Fall endet die Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, dessen Zahl dem Tag der Verkündung entspricht (§ 188 Absatz 2 in Verbindung mit § 187 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Fehlt in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 188 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Das Gesetz tritt mit Beginn des so ermittelten Tages in Kraft.

      Beispiel:

      ... tritt am ... [einsetzen: Datum acht Monate nach der Verkündung] in Kraft.

      Rechenbeispiele:

      verkündet: 17. Juli 2022; in Kraft: 17. März 2023

      verkündet: 31. August 2022; in Kraft: 30. April 2023, da es den „31. April“ nicht gibt

      verkündet: 29. Juni 2022; in Kraft: 28. Februar 2023, da es den „29. Februar 2023“ nicht gibt.

    • Sind nicht Kalenderjahre, sondern Jahre als Vorlaufzeit vorgesehen, so kann wie folgt formuliert werden.

      Beispiel:

      Vorlaufzeit drei Jahre vom Tag nach der Verkündung an:

      … tritt am … [einsetzen: Datum des Tages und Monats der Verkündung dieses Gesetzes sowie Jahreszahl des dritten auf die Verkündung folgenden Jahres] in Kraft.

      verkündet: 5. Februar 2023; in Kraft: 5. Februar 2026

    • Der Gesetzgeber kann das Inkrafttreten ausnahmsweise vom Eintritt einer Bedingung abhängig machen, wenn das mit dem Gesetz verfolgte rechtliche und soziale Ziel sonst nicht sachgerecht verwirklicht werden könnte. Zulässig ist das nur bei einer Bedingung, die ein erwartetes, objektiv feststellbares Ereignis betrifft, bei dem nur der Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss ist (z. B. Aufbringung einer bestimmten Summe von Geldmitteln für einen Hilfsfonds, Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages, Genehmigung der EU-Kommission).

      Als Bedingung soll nur ein Ereignis gewählt werden, dessen Eintritt nicht durch den Gesetzgeber herbeigeführt oder beeinflusst werden kann. Deshalb soll der Bundesgesetzgeber das Inkrafttreten eines noch zu erlassenden Bundesgesetzes nicht als Bedingung festlegen.

      Auch das Inkrafttreten einer Rechtsverordnung darf nicht als Bedingung für das Inkrafttreten eines Gesetzes gewählt werden. Denn der Gesetzgeber soll die Wirksamkeit seiner Gesetze nicht von nachrangigem Verordnungsrecht abhängig machen, selbst wenn dadurch das gleichzeitige Inkrafttreten von Gesetzes- und ausführendem Verordnungsrecht gewährleistet werden soll. Damit Gesetzes- und Verordnungsrecht ab demselben Zeitpunkt angewendet werden können, ist vielmehr darauf zu achten, dass die Verordnungsermächtigung vor dem übrigen Gesetzesrecht in Kraft tritt (vgl. Rn. 443).

    • Bereits der Eintritt einer festgelegten Bedingung bewirkt das Inkrafttreten des Gesetzes.

      Ob eine Bedingung für ein Inkrafttreten eingetreten ist, muss aber auch aus dem Bundesgesetzblatt ersichtlich sein. Daher ist in der Inkrafttretensvorschrift diejenige Behörde zu nennen, die den Bedingungseintritt festzustellen hat und den Tag des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt macht.

      Beispiel 1:

      Dieses Gesetz tritt an dem Tag in Kraft, an dem der Staatsvertrag über die Auflösung der von den Ländern Berlin und Brandenburg getragenen Akademie der Künste in Kraft tritt. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gibt den Tag des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.

      Beispiel 2:

      Dieses Gesetz tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (BGBl. 2007 II S. 1082, 1083) nach ihrem Artikel 8 Absatz 1 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. Das Bundesministerium der Justiz gibt den Tag des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.

      In der Formulierung der Bekanntmachung sollte die Bedingung genannt werden, die das Inkrafttreten des Gesetzes ausgelöst hat.

      Beispiel 3:

      Bekanntmachung
      über das Inkrafttreten des Gesetzes
      zur Umsetzung der Akte vom 29. November 2000 zur
      Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente

      Vom 19. Februar 2008

      Nach Artikel 5 Satz 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2166) wird hiermit bekannt gemacht, dass das Gesetz nach seinem Artikel 5 Satz 1 mit dem Inkrafttreten der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (BGBl. 2007 II S. 1082, 1083) nach ihrem Artikel 8 Absatz 1 für die Bundesrepublik Deutschland am 13. Dezember 2007 in Kraft getreten ist.

      Ist der Eintritt der Bedingung nach anderen Rechtsvorschriften bekannt zu geben (z. B. das Inkrafttreten eines völkerrechtlichen Vertrages für die Bundesrepublik Deutschland), so bezieht sich der Bekanntmachungsauftrag nicht auf die Bedingung, sondern nur auf das Inkrafttreten.

    • Für verschiedene Gliederungseinheiten eines Gesetzes (Rn. 443) können in der Inkrafttretensregelung verschiedene Zeitpunkte des Inkrafttretens bestimmt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die früher in Kraft tretenden Vorschriften sich zum angegebenen Zeitpunkt auch ohne die später in Kraft tretenden Vorschriften anwenden lassen.

      Auch bei der Formulierung einer Inkrafttretensvorschrift mit verschiedenen Inkrafttretenszeitpunkten ist darauf zu achten, dass sie immer das gesamte Gesetz umfasst, also auch den Paragrafen bzw. den Artikel, der das Inkrafttreten regelt.

      Beispiel:

      statt:

      Artikel 26
      Inkrafttreten

      Die Artikel 1 bis 20 treten am 1. Januar 2022 und die Artikel 21 bis 25 treten am 1. Juni 2022 in Kraft.

      richtig:

      Artikel 26
      Inkrafttreten

      Die Artikel 1 bis 20 treten am 1. Januar 2022 in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Juni 2022 in Kraft.

    • Bei gespaltenem Inkrafttreten sind alle Vorschriften, die zu demselben Zeitpunkt in Kraft treten sollen, zu Teilmengen zusammenzufassen. In der Inkrafttretensvorschrift muss für jede Teilmenge ein Zeitpunkt bestimmt werden.

      Das Inkrafttreten der Teilmengen sollte jeweils in einem eigenen Satz geregelt werden. Werden mehr als drei Sätze erforderlich, sollten für die Regelung des Inkrafttretens der jeweiligen Teilmengen Absätze gebildet werden. Innerhalb der Teilmengen werden die Vorschriften entsprechend ihrer Reihenfolge im Gesetz aufgezählt.

      Es kann auch zweckmäßig sein, zunächst das Datum für die größte Teilmenge zu bestimmen, d. h. das Datum, zu dem die meisten Regelungen in Kraft treten sollen. Sodann werden für die anderen Teilmengen die abweichenden Daten bestimmt.

      Beispiel 1:

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am 1. Januar 2021 in Kraft. Artikel 7 tritt am 1. Dezember 2021 in Kraft.

      Bei mehr als drei Inkrafttretenszeitpunkten ist es übersichtlicher, in Absätze zu gliedern und z. B. wie folgt zu formulieren:

      (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      Anschließend werden in den folgenden Absätzen die abweichenden Inkrafttretenszeitpunkte angeführt. Diese werden in zeitlicher Reihenfolge angeordnet.

      Alternative Reihenfolge:

      Es ist auch möglich, in der Inkrafttretensregelung zuerst die abweichenden Inkrafttretenszeitpunkte zu benennen und dann für das Inkrafttreten der übrigen Vorschriften die folgende Formulierung zu verwenden:

      Im Übrigen tritt dieses Gesetz am ... in Kraft.

      Die Reihenfolge der verschiedenen besonderen Inkrafttretenszeitpunkte entspricht auch hierbei der zeitlichen Abfolge dieser Zeitpunkte. Zunächst werden also die Vorschriften aufgeführt, die zuerst wirksam werden sollen.

      Beispiel 2 für ein Stammgesetz:

      § 25
      Inkrafttreten

      (1) § 6 Absatz 1 Satz 1, § 14 Absatz 1, die §§ 15 und 16 Absatz 1 sowie die §§ 17 bis 22 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      (2) § 5 tritt am 1. Juli 2020 in Kraft.

      (3) § 12 tritt am 1. Oktober 2020 in Kraft.

      (4) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Januar 2021 in Kraft.

      Beispiel 3 für ein Änderungsgesetz:

      Artikel 25
      Inkrafttreten

      (1) In Artikel 5 tritt § 26 des …gesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      (2) Die Artikel 1, 14, 15 und 17 bis 22 treten am ... [einsetzen: Datum des ersten Tages des zweiten auf die Verkündung folgenden Quartals] in Kraft.

      (3) Artikel 12 tritt am 1. Oktober 2020 in Kraft.

      (4) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Januar 2021 in Kraft.

    • Das gespaltene Inkrafttreten ist von besonderer Bedeutung, wenn das Gesetz bei seinem Inkrafttreten durch Rechtsverordnungen begleitet werden soll, für die das Gesetz die Ermächtigungsnormen erst schafft. Ein gespaltenes Inkrafttreten, d.h. das Inkrafttreten der Verordnungsermächtigung vor dem übrigen Gesetz, ist dann erforderlich, weil eine Rechtsverordnung erst erlassen und ausgefertigt werden darf, nachdem die Ermächtigungsnorm in Kraft getreten ist (§ 66 Absatz 1 GGO). Um ein gleichzeitiges Inkrafttreten des Gesetzes und der zu seiner Ausführung vorgesehenen Verordnung zu gewährleisten, wird die Verordnungsermächtigung in der Regel am Tag nach der Verkündung in Kraft gesetzt und das Inkrafttreten des übrigen Gesetzes so bestimmt, dass die Verordnung bis dahin ausgefertigt und verkündet werden kann. Bei entsprechender Vorbereitung kann die Verordnung somit frühestens am Tag nach der Verkündung des ermächtigenden Gesetzes ausgefertigt und verkündet werden. Der Inkrafttretenszeitpunkt der Verordnung wird dann auf den Inkrafttretenszeitpunkt der übrigen Vorschriften des Gesetzes gelegt (Rn. 443), damit die übrigen Vorschriften des Gesetzes und die Verordnung gleichzeitig in Kraft treten. Der früheste Zeitpunkt des gemeinsamen Inkrafttretens von Gesetz und Verordnung ist somit der zweite Tag nach der Verkündung des Gesetzes.

    • Bedingtes und gespaltenes Inkrafttreten können miteinander kombiniert werden.

      Beispiel 1:

      § 40
      Inkrafttreten

      (1) § 12 Absatz 3 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz an dem Tag in Kraft, an dem das Übereinkommen vom 19. November 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. Das Bundesministerium der Justiz gibt den Tag, an dem dieses Gesetz nach Satz 2 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt.

      Beispiel 2:

      Artikel 5
      Inkrafttreten

      (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 an dem Tag in Kraft, an dem das Übereinkommen vom 19. November 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. Das Bundesministerium der Justiz gibt den Tag, an dem dieses Gesetz nach Satz 1 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt.

      (2) Artikel 2 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

    • Gesetze werden mit dem Inkrafttreten wirksam. Dafür wird grundsätzlich ein nach der Verkündung liegender Zeitpunkt gewählt. Ausnahmsweise können Gesetze aber auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden: Dann wird für das Inkrafttreten ein Zeitpunkt bestimmt, der vor der Verkündung liegt, und die Regelungen des Gesetzes müssen auch für bereits zurückliegende Zeiträume angewendet werden.

      Wenn für ein Gesetz ein rückwirkendes Inkrafttreten erwogen wird, ist immer eine Zulässigkeits- und Zweckmäßigkeitsprüfung erforderlich. Hierzu sind das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium zu beteiligen.

    • Es ist grundsätzlich unzulässig, Gesetze so in Kraft zu setzen, dass nachteilige Rechtsfolgen für eine Zeit bewirkt werden, die vor der Verkündung liegt – dadurch käme es zu einer echten Rückwirkung (Rn. 17). Die Anordnung einer rückwirkenden Geltung eines Gesetzes kann jedoch ausnahmsweise zulässig sein, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls vorliegen und das Vertrauen Einzelner in den Bestand von Rechtsfolgen nicht oder nicht mehr schutzwürdig ist oder sich gegenüber den Gründen des Gemeinwohls als weniger gewichtig erweist. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Rückwirkungen vgl. Rn. 17.

      Ausnahmslos unzulässig ist das rückwirkende Inkrafttreten bei strafbegründenden oder strafschärfenden Gesetzen: Nach Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Soll ein Gesetz rückwirkend in Kraft treten, das Straf- oder Bußgeldvorschriften enthält, so muss für die Straf- und Bußgeldvorschriften deshalb nach den Empfehlungen für gespaltenes Inkrafttreten (Rn. 171 ff.) eine gesonderte Inkrafttretensregelung getroffen werden. Als frühester Tag für das Inkrafttreten der Straf- oder Bußgeldvorschriften kann hier nur der Tag nach der Verkündung bestimmt werden.

    • Von der echten Rückwirkung zu unterscheiden sind die Fälle, in denen auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte oder Rechtsverhältnisse nur für die Zukunft derart eingewirkt wird, dass die betroffene Rechtsposition entwertet wird bzw. die belastenden Rechtsfolgen erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden. In diesen Fällen handelt es sich jeweils um eine sog. unechte Rückwirkung, die nur ausnahmsweise unzulässig ist. Grenzen für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Aus beiden kann zudem die Notwendigkeit einer Übergangsvorschrift folgen (vgl. Rn. 421 ff.).

    • Das rückwirkende Inkrafttreten wird mit folgender Formulierung ausgedrückt:

      Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom ... in Kraft.

    • Regelungen zum rückwirkenden Inkrafttreten führen dazu, dass das Gesetz (oder einzelne Regelungen daraus) in der Datenbank des Bundesrechts als von dem angegebenen Zeitpunkt geltend dokumentiert wird, obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existent war, weil es erst später verkündet wurde.

      Schon aus Gründen der Dokumentation bzw. der Nachvollziehbarkeit der zu einem bestimmten Zeitpunkt existenten Rechtsvorschriften ist es daher vorzugswürdig, die Anwendung des Gesetzes oder einzelner Regelungen in einer Übergangsvorschrift auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt festzulegen. Die Übergangsvorschrift ist insbesondere dann geeignet, wenn zusätzliche Regelungen für Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse zu treffen sind, die bereits im Zeitraum vom Beginn der angeordneten rückwirkenden Anwendung bis zur Verkündung bestanden.

    • Im Gegensatz zum Inkrafttreten muss das Ende der Geltungsdauer eines Gesetzes nicht von vornherein festgelegt werden. Die meisten Gesetze enthalten dementsprechend keine Außerkrafttretensregelung. Sie gelten auf unbestimmte Zeit.

    • Eine Befristung kommt beispielsweise infrage, wenn abzusehen ist, dass ein Regelungsbedarf nur vorübergehend bestehen wird. Dies ist etwa bei Gesetzen anzunehmen, die eine dringliche oder einmalige Hilfe gewähren.

      Bei Stammgesetzen kann die Geltungsdauer von Regelungen durch eine Außerkrafttretensregelung befristet werden (Rn. 445 ff.).

      In Änderungsgesetzen können einzelne Änderungsbefehle nicht befristet werden, siehe dazu auch Teil D Abschnitt 2.5.6, Rn. 548 ff.; Außerkrafttreten ganzer Stammgesetze, Rn. 445.

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