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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil C Stammgesetze

12 Geltungszeitregelungen im Stammgesetz

    • Die Geltungsdauer eines Stammgesetzes kann durch eine Außerkrafttretensregelung befristet werden. Eine Befristung kommt beispielsweise infrage, wenn abzusehen ist, dass ein Regelungsbedarf nur vorübergehend bestehen wird. Dies ist etwa bei Gesetzen anzunehmen, die eine dringliche oder einmalige Hilfe gewähren.

    • Die Regelung zur Befristung eines ganzen Stammgesetzes steht unabhängig davon, ob das Stammgesetz allein oder innerhalb eines Mantelgesetzes erlassen werden soll, immer in einem gesonderten Paragrafen vor dem Inkrafttreten des Stammgesetzes.

      • Wird das Stammgesetz allein erlassen, so steht die Befristungsregelung als Außerkrafttretensregelung vor der Inkrafttretensregelung, also im vorletzten Paragrafen des Stammgesetzes.

        Beispiel:

        § 8
        Außerkrafttreten

        Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Juli 2020 außer Kraft.

        § 9
        Inkrafttreten

        Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      • Auch wenn das Stammgesetz Teil eines Mantelgesetzes ist, wird das Außerkrafttreten im Stammgesetz vorgesehen, dann jedoch als dessen letzter Paragraf, nicht etwa zusammen mit dem Inkrafttreten im letzten Artikel des Mantelgesetzes. So wird die beschränkte Geltungszeit direkt im Stammgesetz ersichtlich und das Risiko vermieden, dass die Außerkrafttretensregelung übersehen wird.

      Änderung gegenüber der Vorauflage:

      Bisher konnten Inkrafttreten und Außerkrafttreten in Geltungszeitbestimmungen unter der Überschrift „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“ in einem Paragrafen zusammengefasst werden.

      Die künftige Trennung von In- und Außerkrafttretensregelungen folgt der gesetzestechnischen Faustregel, pro Paragraf nur einen Regelungsgegenstand vorzusehen (Rn. 264).

      Der letzte Paragraf eines Stammgesetzes bleibt somit ausschließlich dem Inkrafttreten vorbehalten.

    • Für das Außerkrafttreten sollte ein konkretes Datum angegeben werden. Folgende Formulierung vermeidet jeden Zweifel, ob die Geltung des Gesetzes zu Beginn oder zum Ende des genannten Tages endet:

      „Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des ... außer Kraft.“

    • Wird in die Außerkrafttretensregelung ein Datierungsbefehl aufgenommen, etwa weil auch die Inkrafttretensregelung einen Datierungsbefehl enthält, so ist darauf zu achten, dass dieser präzise den Tag bezeichnet, an dem die Geltungsdauer des Gesetzes enden soll. Für die Wahl der Formulierungen gelten die Empfehlungen für den Datierungsbefehl in Teil B (Rn. 164 ff.) entsprechend.

      Beispiel:

      § …

      Außerkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des ... [einsetzen: Datum des letzten Tages des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] außer Kraft.

      Rechenbeispiele:

      • verkündet: 27. Juni 2022; außer Kraft: 31. Dezember 2022
      • verkündet: 31. Mai 2022; außer Kraft: 30. November 2022
    • Das Außerkrafttreten eines Stammgesetzes kann vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht werden. Als Bedingung kann – wie für das Inkrafttreten (Rn. 169 f.) – ein Ereignis festgelegt werden, das

      • mit der Regelung in engem Zusammenhang steht,
      • objektiv feststellbar ist,
      • tatsächlich erwartet wird, bei dem nur der Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss ist und dessen Eintritt nicht durch den Gesetzgeber herbeigeführt oder beeinflusst werden kann.

      Wie beim bedingten Inkrafttreten ist der Bedingungseintritt bekannt zu machen, da das Datum des Außerkrafttretens anderenfalls unklar bliebe (Rn. 170).

      Beispiel:

      Dieses Gesetz tritt an dem Tag außer Kraft, an dem die Pflicht zur Aufstellung von Programmen im Sinne von Artikel 6 der Richtlinie 91/157/EWG außer Kraft tritt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt den Tag des Außerkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.

    • Auch einzelne Regelungen eines neuen Stammgesetzes können befristet werden. Dafür ist die Form des Mantelgesetzes zu wählen.

      Sollen etwa einzelne Regelungen eines in einem Mantelgesetz neu zu schaffenden Stammgesetzes nur für eine bestimmte Zeit gelten, so ist wie folgt vorzugehen:

      • Das Stammgesetz wird in einem Artikel des Mantelgesetzes (Rn. 586 ff.) erlassen.
      • Das Stammgesetz wird in einem weiteren Artikel desselben Mantelgesetzes geändert, indem die zu befristenden Regelungen gestrichen und ggf. daraus folgende Anpassungen vorgenommen werden.
      • Im letzten Artikel des Mantelgesetzes wird mithilfe eines gespaltenen Inkrafttretens (Rn. 171 ff., 602) nicht nur das Inkrafttreten des Stammgesetzes bestimmt, sondern auch das Inkrafttreten seiner Änderung, d. h. das der Streichung derjenigen Regelungen, die nur befristet gelten sollen.

      Beispiel:

      Artikel 1
      Gesetz über Hilfen für …

      § 1

      § 19

      Artikel 2
      Änderung des Gesetzes über Hilfen für …

      Das Gesetz über Hilfen für … vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:

      1. § 15 wird gestrichen.
      2. Die §§ 16 bis 18 werden zu den §§ 15 bis 17.
      3. § 19 wird zu § 18 und die Angabe „§ 15“ wird gestrichen.

      Artikel 3
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am 1. Januar 2023 in Kraft. Artikel 2 tritt am 31. Juli 2025 in Kraft.

      Im Ergebnis dieses Vorgehens gilt das Stammgesetz mit Inkrafttreten der Änderung ohne die gestrichene Regelung und kann sicher in der Bundesrechtsdatenbank dokumentiert werden.

      Eine Befristung einzelner Regelungen ist nicht dadurch möglich, dass hierfür in der abschließenden Geltungszeitregelung eine Außerkrafttretensregelung getroffen wird.

      Änderung gegenüber der Vorauflage:

      Bisher konnten das Inkrafttreten des Stammgesetzes und das Außerkrafttreten einzelner Regelungen unter der Überschrift „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“ in einem Paragrafen zusammengefasst werden. Dies führte zuweilen zu Schwierigkeiten, den geltenden Text eines Stammgesetzes zu ermitteln, insbesondere wenn noch nicht vollzogene (schwebende) Außerkrafttretensregelungen zu einem Zeitpunkt lange nach der Verkündung des Stammgesetzes nachträglich geändert wurden. Denn was unter der Überschrift „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“ zum Außerkrafttreten einzelner Regelungen erfasst war, galt nicht als Änderung des Stammgesetzes und wurde demzufolge auch nicht als letzte Änderung des Stammgesetzes im Vollzitat genannt. Jedoch ist das Außerkrafttreten einzelner Regelungen eines Stammgesetzes nichts anderes als eine Änderung desselben, die nunmehr mit dem Änderungsbefehl „streichen“ in einem Änderungsgesetz erfolgen muss.

      • Im Gegensatz zur Vorauflage des Handbuchs ist künftig daher ein Außerkrafttreten nur noch für ganze Gesetze bzw. ganze Rechtsverordnungen vorgesehen. Ihr Außerkrafttreten erfolgt im jeweiligen Stammgesetz bzw. in der jeweiligen Stammverordnung in gesonderten Paragrafen. Eine Vermischung von Inkrafttreten und Außerkrafttreten muss unterbleiben. Der letzte Paragraf eines Stammgesetzes bleibt somit ausschließlich dem Inkrafttreten vorbehalten.
      • Sollen lediglich einzelne Gliederungseinheiten oder Angaben eines Stammgesetzes befristet werden, können sie nicht mehr in den Geltungszeitregelungen des Stammgesetzes ‚außer Kraft‘ gesetzt werden. Vielmehr ist dafür die Form des Mantelgesetzes (Teil D dieses Handbuchs) zu wählen. Die betreffenden Gliederungseinheiten werden in einem Artikel des Mantelgesetzes gestrichen und dieser Artikel wird sodann im letzten Artikel des Mantelgesetzes zu dem gewünschten Zeitpunkt in Kraft gesetzt.
    • Man kann auch die Anwendung einzelner Regelungen eines Stammgesetzes durch eine Übergangsvorschrift (Rn. 421 ff.) befristen. Im Unterschied zur befristeten Geltung von Regelungen gehören die betroffenen Regelungen samt der zeitlichen Anwendungsregelung auch nach Ablauf des genannten Zeitpunkts oder der darin genannten Frist zum geltenden Text des Stammgesetzes, bis sie durch ein Änderungsgesetz gestrichen werden, um den Normenbestand zu bereinigen.

      Beispiel:

      § 17
      Anwendungsbestimmung

      § 10 ist bis zum Ablauf des 30. September 2024 anzuwenden.

    • Stellt sich bei befristeten Gesetzen später heraus, dass ein Regelungsbedarf noch länger oder gar auf unbestimmte Zeit fortbesteht, so kann durch ein Änderungsgesetz die Befristung verlängert oder gänzlich gestrichen werden, vorausgesetzt, das Änderungsgesetz kann noch vor Ablauf der Befristung in Kraft treten.

      Beispiel:

      Die Befristungsregelung lautet:

      § 25
      Außerkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 30. Juni 2023 außer Kraft.

      Um die Geltungsdauer des Gesetzes um 1 Jahr zu verlängern, muss durch ein Änderungsgesetz in § 25 die Angabe „30. Juni 2023“ durch die Angabe „30. Juni 2024“ ersetzt werden.

      Um das Gesetz unbefristet gelten zu lassen, muss § 25 durch ein Änderungsgesetz gestrichen werden.

    • Die Befristung einer Rechtsvorschrift ist dann nicht erforderlich, wenn sie sich bereits aus dem Grundgesetz ergibt. Das Grundgesetz sieht eine befristete Geltung für bestimmte Gesetze vor. So gelten Haushaltsgesetze nur für den Zeitraum, für den sie den Haushaltsplan feststellen (Artikel 110 Absatz 2 des Grundgesetzes).

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