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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil H Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen

    • Gemäß § 73 Absatz 3 Satz 1 GGO sind beim Verfassen von Vertragsgesetzen die vom Bundesjustizministerium herausgegebenen Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen zu beachten. Diese Richtlinien sind jetzt Bestandteil dieses Handbuchs und enthalten die wesentlichen Vorgaben für Inhalt und Form solcher Gesetze, mit denen die gesetzgebenden Körperschaften völkerrechtlichen Verträgen zustimmen, sowie solcher Rechtsverordnungen, durch die völkerrechtliche Verträge in Kraft gesetzt werden.

      Anleitung und Muster in diesen Richtlinien können keine vollständige Übersicht über alle Gestaltungen geben, die in Einzelfällen in Betracht kommen mögen. Den Verfassern von Gesetz- und Verordnungsentwürfen wird daher empfohlen, möglichst frühzeitig mit dem im Bundesjustizministerium für das Recht der völkerrechtlichen Verträge zuständigen Referat zu klären, ob ggf. Abweichungen von den Richtlinien geboten sind.

    • Völkerrechtliche Verträge, die

      • die politischen Beziehungen des Bundes regeln (Rn. 738) oder
      • sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen (Rn. 739),

      bedürfen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Ob ein völkerrechtlicher Vertrag hiernach eines Gesetzes bedarf, hängt allein von seinem materiellen Inhalt ab. Unerheblich ist, ob es sich um einen zwei- oder um einen mehrseitigen Vertrag handelt und in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung er geschlossen worden ist. Völkerrechtliche Verträge können auf deutscher Seite zustimmungsbedürftig sein, obwohl sie keine Ratifikationsklausel enthalten; umgekehrt müssen sie trotz Ratifikationsklausel in der Bundesrepublik Deutschland nicht unbedingt zustimmungsbedürftig sein.

    • Nicht jeder völkerrechtliche Vertrag, der sich auf öffentliche Angelegenheiten bezieht, regelt die politischen Beziehungen des Bundes im Sinne des Artikels 59 Absatz 2 Satz 1 erste Alternative des Grundgesetzes. Es kommt vielmehr darauf an, dass durch ihn die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit, seine Stellung und sein maßgebliches Gewicht in der Staatengemeinschaft berührt werden.

    • Ein völkerrechtlicher Vertrag bedarf nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative des Grundgesetzes insbesondere dann der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften, wenn er

      • Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründet,
      • Bestimmungen enthält, deren Durchführung die Mitwirkung des formellen Bundes- oder Landesgesetzgebers erforderlich macht,
      • Bestimmungen enthält, mit denen die gegenwärtige innerstaatliche Gesetzeslage bereits übereinstimmt (sog. Parallelabkommen: durch die Vereinbarung entsteht die völkerrechtliche Verpflichtung, diese Gesetzeslage aufrechtzuerhalten),
      • finanzielle Verpflichtungen – über bloße haushaltsmäßige Auswirkungen hinaus – enthält, die nach den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes eine gesetzliche Regelung erfordern (vgl. z. B. Artikel 115 des Grundgesetzes),
      • einen bestehenden Vertrag, der Gegenstand eines Vertragsgesetzes war, ändert oder ergänzt.

      Der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften bedarf ein völkerrechtlicher Vertrag nicht, wenn der Gesetzgeber seine Zustimmung zu der Änderung oder Ergänzung bereits vorweg – antizipiert – erteilt hat. Eine antizipierte Zustimmung kann durch eine Verordnungsermächtigung erteilt werden (Rn. 762 f. bzw. 782 ff.). Von einer antizipierten Zustimmung kann auch dann ausgegangen werden, wenn die konkrete Änderung keinen normativen Charakter hat und sie nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bereits in einem im ursprünglichen Vertrag vorgesehenen Verfahren zur Vertragsänderung angelegt war.

      Eines Vertragsgesetzes bedarf es nicht, wenn der völkerrechtliche Vertrag aufgrund einer ausreichenden auslandsbezogenen Verordnungsermächtigung nach Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes innerstaatlich in Kraft gesetzt werden kann (vgl. Rn. 782 ff.).

    • Ein Vertragsgesetz setzt sich aus den folgenden Gliederungseinheiten zusammen:

      • Überschrift bzw. Bezeichnung (Rn. 741 ff.),
      • Ausfertigungsdatum (Rn. 49),
      • Eingangsformel (Rn. 745 ff.),
      • Regelungsteil (Rn. 748 ff.) mit
        • Artikel für die Zustimmungsformel und die Veröffentlichungsformel,
        • Artikel für Geltungszeitbestimmungen,
      • Schlussformel (Rn. 769 f.),
      • Ausfertigungsort, Ausfertigungsdatum, Unterzeichnende (Rn. 771 und 54).

      Entwürfe für Vertragsgesetze sehen im Unterschied zu Entwürfen für andere Bundesgesetze neben dem Vorblatt und der Begründung noch eine Denkschrift (Rn. 776 ff.) vor.

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