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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil D Änderung von Gesetzen

2 Änderungstechnik

2.5 Besondere recht­­setzungs­technische Konstellationen in Änderungsgesetzen

    • Manchmal ist es notwendig, einzelne Wörter oder andere Angaben, die im Stammgesetz mehrfach gebraucht werden, durchgehend an vielen Stellen eines Gesetzes zu ändern, z. B. „Informationen“ durch „Daten“ zu ersetzen. Die zur Streichung, Einfügung oder Ersetzung solcher Textteile erforderlichen Änderungsbefehle könnten – bis auf die Änderungsstelle – stets identisch sein. Finden sich im Stammgesetz mehrere solcher Textteile, bietet es sich an, statt mehrerer gleichartiger Änderungen diese in nur einem Änderungsbefehl zusammenzufassen.

      Beispiel 1:

      In § 16 Absatz 1 und § 18 wird jeweils die Angabe „das Bundesamt“ durch die Angabe „die Bundesanstalt“ ersetzt.

      Die zu ersetzenden Angaben sind nicht identisch und dürfen damit nicht in einem Änderungsbefehl zusammengefasst werden, wenn sie sich in irgendeiner Weise, z. B. in Deklination oder in Groß- oder Kleinschreibung, unterscheiden.

      Beispiel 2:

      1. In den §§ 2, 3 und 14 wird jeweils die Angabe „Das Bundesamt“ durch die Angabe „Die Bundesanstalt“ ersetzt.
      2. In § 16 Absatz 1 und § 18 wird jeweils die Angabe „das Bundesamt“ durch die Angabe „die Bundesanstalt“ ersetzt.
      3. In den §§ 20 bis 23 wird jeweils die Angabe „dem Bundesamt“ durch die Angabe „der Bundesanstalt“ ersetzt.
    • Steht die zu ändernde Angabe in einer Gliederungseinheit, die auch aus anderen Gründen geändert wird, werden alle Änderungen, die diese Gliederungseinheit betreffen, zusammen in einem ggf. gegliederten Änderungsbefehl formuliert.

      Beispiel 1:

      Ausgangstext:

      § 85
      Einberufung der Versammlung

      (1) Die Versammlung der Kammer wird durch den Präsidenten einberufen.

      (2) Der Präsident muss die Versammlung der Kammer einberufen, wenn ein Zehntel der Mitglieder es schriftlich beantragt und hierbei den Gegenstand angibt, der in der Versammlung behandelt werden soll.

      (3) Wenn die Geschäftsordnung der Kammer nichts anderes bestimmt, soll die Versammlung am Sitz der Rechtsanwaltskammer stattfinden.

      Regelungsabsicht:

      Es soll Absatz 3 wegfallen und außerdem soll künftig für die Begriffe „Versammlung“ und „Versammlung der Kammer“ einheitlich der Begriff „Kammerversammlung“ verwendet werden.

      Änderungsbefehl für Binnenrevision:

      33.

      § 85 wird wie folgt geändert:

      a) In der Überschrift wird die Angabe „Versammlung“ durch die Angabe „Kammerversammlung“ ersetzt.

      b) In Absatz 1 wird die Angabe „Versammlung der Kammer“ durch die Angabe „Kammerversammlung“ ersetzt.

      c) In Absatz 2 wird die Angabe „die Versammlung der Kammer“ durch die Angabe „die Kammerversammlung“ und die Angabe „der Versammlung“ durch die Angabe „der Kammerversammlung“ ersetzt.

      d) Absatz 3 wird gestrichen.

      Der Änderungsbefehl wird deutlich einfacher und weniger fehleranfällig, wenn der Paragraf insgesamt ersetzt wird (vgl. Grundsatz „Revision vor Binnenrevision“, Rn. 464).

      Änderungsbefehl für Revision:

      33.

      § 85 wird durch den folgenden § 85 ersetzt:

      § 85
      Einberufung der Kammerversammlung

      (1) Die Kammerversammlung wird durch den Präsidenten einberufen.

      (2) Der Präsident muss die Kammerversammlung einberufen, wenn ein Zehntel der Mitglieder es schriftlich beantragt und hierbei den Gegenstand angibt, der in der Kammerversammlung behandelt werden soll.“

      Die Zusammenfassung von Änderungsbefehlen endet vor der Stelle, an der eine von einer identischen Änderung betroffene Gliederungseinheit auch noch in anderer Weise geändert werden soll.

      Beispiel 2:

      1. In § 3 Absatz 4 und § 12 Absatz 3 Satz 2 wird jeweils die Angabe „und für Verbraucherschutz“ gestrichen.
      2. § 25 wird wie folgt geändert:
        1. In Absatz 3 wird die Angabe „und für Verbraucherschutz“ gestrichen.
        2. Absatz 4 wird gestrichen.
      3. In den §§ 45 bis 47 und 98 Absatz 3 Satz 4 wird jeweils die Angabe „und für Verbraucherschutz“ gestrichen.

      Änderung gegenüber der Vorauflage:

      Die in der Vorauflage des Handbuchs noch vorgesehene Bündelung über die eigentliche Abfolge der Änderungsbefehle hinweg im letzten Änderungsbefehl wurde sehr unterschiedlich gehandhabt, war fehleranfällig und ist daher nicht mehr zulässig.

    • Vorschriften eines Stammgesetzes können mit ein und demselben Änderungsgesetz mehrfach geändert werden. Das ist sinnvoll, wenn der Gesetzgeber z. B. mit einem Rechtsakt zeitlich gestuft mehrere Regelungen treffen will, um eine bestimmte Entwicklung vorzugeben. Dafür sind alle Änderungen, die zum selben Zeitpunkt in Kraft treten sollen, jeweils in einem gesonderten Artikel zusammenzufassen.

      Das hat den Vorteil, dass sich die Regelung zum Inkrafttreten des Gesetzes übersichtlich gestalten lässt und dass das Ineinandergreifen der geplanten Änderungen besser nachvollziehbar und übersichtlich zu dokumentieren ist.

      Zwingend ist es, das Stammgesetz in gesonderten Artikeln mehrfach zu ändern, wenn zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft tretende Änderungen dieselbe Textstelle des Stammgesetzes betreffen.

    • Die Reihenfolge der Artikel für die Mehrfachänderung eines Stammgesetzes richtet sich nach der zeitlichen Reihenfolge ihres Inkrafttretens.

      Der Eingangssatz des später in Kraft tretenden Artikels wird verkürzt und enthält kein Vollzitat: Es wird nur der Zitiername des Stammgesetzes angegeben und der Änderungshinweis bezieht sich auf den vorangehenden, vorher in Kraft tretenden Artikel.

      Beispiel:

      Artikel 18
      Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

      Das Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch Artikel 13 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 64) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      Artikel 19
      Weitere Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

      Das Sozialgerichtsgesetz, das zuletzt durch Artikel 18 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      Erläuterung: Artikel 19 enthält die zeitlich später in Kraft tretende (weitere) Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und wird mit einem verkürzten Eingangssatz, in dem nur der Zitiername des dieses Gesetzes und als Änderungshinweis der vorhergehende Artikel angegeben wird, eingeleitet. In der Artikelüberschrift wird die weitere Änderung durch die Formulierung „Weitere Änderung des Sozialgerichtsgesetzes“ oder „Weitere Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum …“ hervorgehoben.

      Die später in Kraft tretenden Änderungen setzen bei diesem Vorgehen auf demjenigen Normtext auf, der mit Inkrafttreten des vorhergehenden Artikels entsteht.

      Praxistipp

      Als Alternative zu einer Mehrfachänderung kann in geeigneten Fällen eine Vorschrift des Stammgesetzes auch so geändert werden, dass dem Normtext selbst zu entnehmen ist, was zu unterschiedlichen Zeitpunkten gelten soll.

      Beispiel 1:

      Der monatliche Zuschuss beträgt

      1. in den Jahren 2018 und 2019 400 Euro,
      2. in den Jahren 2020 und 2021 422 Euro,
      3. ab dem Jahr 2022 446 Euro.

      Beispiel 2:

      Bis zum 31. Dezember 2025 hat die Behörde in den Fällen des § … abweichend von § … nur die folgenden Befugnisse:
      1. …

    • Eine schwebend wirksame Änderung ist eine Änderung des Stammgesetzes, die zwar schon verkündet, aber noch nicht in Kraft getreten ist. Die schwebend wirksame Änderung ist also zwar bereits existent, hat aber den Normtext des Stammgesetzes noch nicht wirksam geändert.

      Beispiel:

      § 54b Absatz 3 Satz 3 des Beurkundungsgesetzes wurde durch Artikel 3 des Gesetzes zur Abwicklung der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg vom 23. November 2015 (BGBl. I S. 2090) geändert, diese Änderung trat nach Artikel 5 Satz 2 am 1. Januar 2018 in Kraft:

      „Artikel 3
      Änderung des Beurkundungsgesetzes

      Das Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      In § 54b Absatz 3 Satz 3 wird nach der Angabe „Notar“ die Angabe „oder im Land Baden-Württemberg durch Notariatsabwickler“ eingefügt.

      Artikel 5
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 3 tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.“

      Das Änderungsgesetz wurde am 2. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2090) verkündet, wurde aber bezüglich Artikel 3 erst am 1. Januar 2018 um 0 Uhr vollzogen.

      Hinweis: Der aus der noch nicht in Kraft getretenen Änderung des § 54b Absatz 3 Satz 3 entstehende Text konnte nicht Grundlage für Änderungen sein, die vor dem 1. Januar 2018 verkündet wurden und in Kraft traten.

    • Soll ein Stammgesetz wirksam geändert werden, bevor eine schwebend wirksame Änderung in Kraft tritt, so ist zu prüfen, ob der Änderungsbefehl der schwebend wirksamen Änderung nach Inkrafttreten der neuen Änderung noch inhaltlich und sprachlich fehlerfrei im Stammgesetz ausgeführt werden kann. Denn es besteht die Gefahr, dass sich die Änderungsbefehle der schwebend wirksamen Änderung auf Teile des Normtextes beziehen, die es wegen der neuen Änderung nicht mehr gibt.

      In solchen Fällen müssen die schwebend wirksamen Änderungen des Stammgesetzes nochmals mit neuen Änderungsbefehlen, die von dem inzwischen geänderten Normtext ausgehen, formuliert werden.

      Dabei ist dreistufig vorzugehen:

      1. Zunächst wird in einem Artikel die neue Änderung des Stammgesetzes angeordnet. Für diesen Artikel ist im Schlussartikel ein Inkrafttretenszeitpunkt zu bestimmen, der vor demjenigen der schwebend wirksamen Änderung liegt.
      2. Dann wird das Stammgesetz in einem zweiten Artikel noch einmal geändert. Hier müssen die Änderungsbefehle der schwebend wirksamen Änderung, die auf der Basis des in Stufe 1 entstandenen Normtextes nicht mehr ausgeführt werden können, neu formuliert werden. Dieser Artikel wird im Schlussartikel zu dem Inkrafttretenszeitpunkt in Kraft gesetzt, der vormals für die schwebend wirksame Änderung angeordnet war.
      3. In einem dritten Artikel wird das Änderungsgesetz geändert, das bislang die schwebend wirksamen Änderungen enthielt. Hier werden alle Änderungsbefehle gestrichen, die infolge der in Stufe 1 angeordneten neuen Änderung im Normtext nicht mehr ausführbar wären bzw. nicht mehr ausgeführt werden sollen und die durch die Änderungen in Stufe 2 ersetzt werden. Auch das Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes ist mit Blick auf die gestrichenen schwebend wirksamen Änderungen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Streichung der nicht mehr auszuführenden Änderungsbefehle kann unverzüglich wirksam werden. Deshalb wird im Schlussartikel für diesen dritten Artikel der Tag nach der Verkündung als Inkrafttretenszeitpunkt bestimmt.

      Beispiel:

      Soll in dem Beispiel aus Rn. 541 eine neue Änderung des § 54b des Beurkundungsgesetzes vor der bereits verkündeten Änderung in Kraft treten, wird wie folgt vorgegangen:

      Stufe 1 (Änderung des Beurkundungsgesetzes innerhalb des neuen Änderungsgesetzes):

      Artikel 4
      Änderung des Beurkundungsgesetzes

      Das Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      1. …

      17. Die bisherigen §§ 54a und 54b werden zu den §§ 57 und 58.

      18. …

      Stufe 2 (angepasste schwebende Änderung in einem weiteren Artikel des neuen Änderungsgesetzes):

      Artikel 5
      Weitere Änderung des Beurkundungsgesetzes zum 1. Januar 2018

      Das Beurkundungsgesetz, das zuletzt durch Artikel 4 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      In § 58 Absatz 3 Satz 3 wird nach der Angabe „Notar“ die Angabe „oder im Land Baden-Württemberg durch Notariatsabwickler“ eingefügt.

      Stufe 3 (Streichung der schwebenden Änderung und Anpassung des Inkrafttretens im alten Änderungsgesetz):

      Artikel 10
      Änderung des Gesetzes zur Abwicklung der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg

      Das Gesetz zur Abwicklung der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg vom 23. November 2015 (BGBl. I S. 2090) wird wie folgt geändert:

      1. Artikel 3 wird gestrichen.

      2. Artikel 5 Satz 2 wird gestrichen.

      Artikel 15
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 5 tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.

      Durch das dreistufige Vorgehen in einem Rechtsetzungsakt ist zu jedem Zeitpunkt klar, von welchem Normtext zu welchem Zeitpunkt der jeweiligen Änderung ausgegangen wird und welcher Normtext durch die jeweilige Änderung zustande kommt. Damit ist die angestrebte Änderung eindeutig nachvollziehbar und auch für die Normendokumentation zweifelsfrei ausführbar. Zugleich ist die richtige Bildung des Vollzitats für das betreffende Stammgesetz gewährleistet (Rn. 55 ff.).

    • Schwebend wirksame Änderungen können nicht nur wegen eines anderen Gesetzgebungsvorhabens (Rn. 542) änderungsbedürftig werden, sondern auch, wenn es vor ihrem Inkrafttreten neue Erkenntnisse oder Tatsachen gibt, die eine Modifizierung der Regelungen erfordern. In diesem Fall ist die schwebende Änderung in zwei Stufen zu ersetzen.

      1. Das Stammgesetz wird in einem Artikel so geändert, wie es nach den neuen Erkenntnissen oder Tatsachen geboten ist. Dieser Artikel wird im Schlussartikel zu dem Inkrafttretenszeitpunkt in Kraft gesetzt, der vormals für die schwebend wirksame Änderung angeordnet war.
      2. In einem zweiten Artikel wird das Änderungsgesetz geändert, das bislang die schwebend wirksamen Änderungen enthielt. Hier werden alle Änderungsbefehle der schwebend wirksamen Änderung gestrichen. Auch das Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes ist mit Blick auf die gestrichenen schwebend wirksamen Änderungen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Streichung der Änderungsbefehle kann unverzüglich wirksam werden. Deshalb wird im Schlussartikel für diesen zweiten Artikel der Tag nach der Verkündung als Inkrafttretenszeitpunkt bestimmt.
    • Soll ein und dasselbe Stammgesetz in verschiedenen parallellaufenden Rechtsetzungsvorhaben geändert werden, muss eindeutig sein, welche Änderung zu welchem Zeitpunkt den geltenden Text bestimmt.

      Es empfiehlt sich, in geeigneter Weise festzuhalten, von welchem Normtext die parallelen Rechtsetzungsvorhaben jeweils ausgehen. Der Verlauf der jeweiligen Rechtsetzungsverfahren ist sodann genau zu beobachten, um die Gesetzentwürfe und ggf. durch Formulierungshilfen aneinander anzupassen. Manchmal genügt es, auf eine bestimmte Reihenfolge der Verkündung der Änderungsgesetze zu achten. Hierauf sollte die Schriftleitung des Bundesgesetzblattes rechtzeitig hingewiesen werden.

    • In parallellaufenden Rechtssetzungsverfahren, die das Inkrafttreten von Änderungen am selben Tag vorsehen, muss die Schriftleitung des Bundesgesetzblattes rechtzeitig darauf hingewiesen werden, in welcher Reihenfolge die Änderungsgesetze zu verkünden sind. Denn am selben Tag in Kraft tretende Änderungen eines Stammgesetzes werden in der Reihenfolge ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt im Text des Stammgesetzes ausgeführt.

    • Die Änderung der Inkrafttretensbestimmung eines Stammgesetzes kommt nur dann in Betracht, wenn

      • für das Inkrafttreten eines Gesetzes eine Vorlaufzeit bestimmt worden ist, wenn also zwischen Verkündung und Inkrafttretenszeitpunkt ein längerer Zeitraum liegt, und außerdem
      • der Inkrafttretenszeitpunkt noch nicht verstrichen und das Stammgesetz damit noch nicht in Kraft getreten ist.

      Soll der Inkrafttretenszeitpunkt geändert werden, so muss sichergestellt sein, dass das entsprechende Änderungsgesetz vor dem zu ändernden Inkrafttretenszeitpunkt verkündet wird und in Kraft tritt. Anderenfalls käme die Änderung zu spät, weil das Stammgesetz zum ursprünglich vorgesehen Zeitpunkt in Kraft getreten wäre.

    • Ist ein Stammgesetz befristet, kann sich eine Änderung darauf beziehen, sein Geltungsende weiter hinauszuschieben (Verlängerung der Geltungsdauer) oder seine Befristung gänzlich entfallen zu lassen. Der Änderungsbefehl ist in einem solchen Fall darauf gerichtet, das Datum des Außerkrafttretens durch ein neues Datum zu ersetzen bzw. die Außerkrafttretensvorschrift zu streichen.

      In beiden Fällen muss sichergestellt sein, dass das entsprechende Änderungsgesetz vor dem im Stammgesetz genannten Außerkrafttretensdatum verkündet wird und in Kraft tritt. Wird das versäumt, tritt das Stammgesetz außer Kraft und müsste neu erlassen werden.

    • Bei der Befristung von Änderungen geht es im Kern darum, dass das Stammgesetz für einen bestimmten Zeitraum in geänderter Fassung und nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist wieder in der früheren Fassung gelten soll. Die Absicht, die Änderung eines Gesetzes zu befristen, kann unterschiedliche Gründe haben. So können etwa neue Regelungen erprobt und evaluiert werden. Befristete Änderungen kommen außerdem für Sachverhalte in Betracht, die nur für einen bestimmten Zeitraum regelungsbedürftig sind.

    • Die Änderung eines Stammgesetzes kann befristet werden, indem das betreffende Stammgesetz mehrfach geändert wird (siehe auch Rn. 539 ff.): Ein Artikel des Änderungsgesetzes ordnet alle Änderungen an, die für einen bestimmten Zeitraum gelten sollen, und in einem weiteren Artikel wird das Stammgesetz mit gegenläufigen Änderungsbefehlen so geändert, dass der frühere Text wiederhergestellt wird.

      Diese Technik soll jedoch nicht angewendet werden, wenn die Gefahr besteht, dass ein weiteres Änderungsgesetz in dem Zeitraum der Befristung erlassen werden und in Kraft treten soll. Eine solche Gefahr besteht meist bei Änderungen, die für mehrere Jahre befristet werden.

    • Regelungen, die für nur einen bestimmten Zeitraum gelten, können auch getroffen werden, indem mit dem Änderungsgesetz vollständig ausformulierte Anwendungsbestimmungen in das Stammgesetz eingefügt werden, die von vornherein ausdrücklich zeitlich beschränkt sind. Eine solche Vorschrift wird mit Ablauf der gesetzten Frist bzw. ab dem gesetzten Datum gegenstandslos. Eine solche Regelung kann ggf. verlängert werden. Sie kann zur Rechtsbereinigung von vornherein befristet (Rn. 549) oder in einem späteren Änderungsgesetz gestrichen werden.

      Beispiel:

      § 17
      Anwendungsbestimmung

      Abweichend von § 10 Absatz 3 können Antragsteller bis einschließlich 1. September 2024 die Unterlagen auch in Textform übermitteln.

    • Auf keinen Fall dürfen Änderungsbefehle in der Absicht befristet werden, hierdurch einen früheren Gesetzestext wiederaufleben zu lassen. Denn wenn ein Änderungsbefehl einmal in Kraft getreten ist, hat er Änderungen im Stammgesetz bewirkt, sodass nur dieses wieder geändert werden kann. Der Änderungsbefehl selbst kann dann jedoch nicht mehr geändert oder gestrichen werden.

    • Soll eine neue Regelung in Form einer Gliederungseinheit nur für eine bestimmte Zeit in einem Stammgesetz enthalten sein, so muss diese Gliederungseinheit in einem Artikel des Änderungsgesetzes eingefügt und in einem weiteren Artikel gestrichen werden (siehe Rn. 539 f.).

      Im letzten Artikel des Änderungsgesetzes ist das gewünschte Inkrafttreten zum einen für den Artikel mit der Einfügung, zum anderen für den Artikel mit der Streichung zu regeln. Das Inkrafttreten des Artikels, der die Streichung vorsieht, ist auf den Zeitpunkt festzulegen, ab dem wieder der frühere Gesetzestext – also ohne die eingefügte Gliederungseinheit – gelten soll.

      Bei der Streichung handelt es sich in diesem Fall um eine schwebende Änderung (Rn. 541).

      Beispiel:

      Artikel 1
      Änderung des Postgesetzes

      Das Postgesetz vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      1. Nach § 6 Absatz 3 wird der folgende Absatz 4 eingefügt:
        „(4) …“

      Artikel 2
      Weitere Änderung des Postgesetzes

      Das Postgesetz, das zuletzt durch Artikel 1 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

      § 6 Absatz 4 wird gestrichen.

      Artikel 3
      Inkrafttreten

      (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft.

      (2) Artikel 2 tritt am 1. Januar 2025 in Kraft.

      Oft stehen befristete Einfügungen von Gliederungseinheiten mit weiteren Änderungen des Stammgesetzes in Zusammenhang. Befristete Einfügungen verlangen daher eine genaue Prüfung, ob die betroffene Gliederungseinheit ohne weitere Auswirkungen auf den Gesetzestext entfallen kann oder ob weitere Änderungen, etwa Verweisungsanpassungen, nötig sind.

    • Binnenrevisionen werden befristet, indem das Stammgesetz in einem Änderungsgesetz mehrfach geändert wird (Rn. 539 f.). Soll z. B. nur die Änderung einzelner Angaben befristet werden, ist zunächst in einem Artikel des Änderungsgesetzes der Änderungsbefehl zu formulieren, der zu dem Gesetzestext führt, der für den befristeten Zeitraum gelten soll. In einem weiteren Artikel folgt der gegenläufige Änderungsbefehl, der ausgehend von dem befristet geltenden Gesetzestext wieder zu dem früheren Text zurückführt.

      Hinweis:
      Auch bei befristeten Änderungen durch Binnenrevision gilt der Vorrang des Befehls „ersetzen“ (Rn. 464). Denn wenn für die Rückgängigmachung der Änderung mehrere kleinteilige Änderungsbefehle erforderlich sind, ermöglicht der Änderungsbefehl „ersetzen“ am einfachsten die Rückkehr zum früheren Gesetzestext.

    • Um ein Stammgesetz mit unbestimmter Geltungsdauer außer Kraft zu setzen bzw. nachträglich zu befristen, wird ihm durch ein Änderungsgesetz ein Paragraf „Außerkrafttreten“ hinzufügt. Dieser Paragraf legt einen bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt nach der Verkündung des Änderungsgesetzes fest, an dem die Geltung des Stammgesetzes beendet wird. Das Außerkrafttreten kann zum Beispiel nötig sein, wenn ein Stammgesetz infolge geänderter Rechtsvorschriften gegenstandslos wird oder erkannt wird, dass die im Stammgesetz geregelten Sachverhalte tatsächlich nur noch für eine bestimmte Zeit von Bedeutung sein werden.

      Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:

      • Hat das Stammgesetz eine Inkrafttretensregelung, weil es einst als selbständiges Gesetz in Kraft getreten ist, so kann die bereits vollzogene Inkrafttretensregelung durch eine Außerkrafttretensregelung ersetzt werden.

        Beispiel 1:

        Artikel 1
        Änderung des Gesetzes über Hilfen …

        Das Gesetz über Hilfen … vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:

        1. …

        9. § 17 wird durch den folgenden § 17 ersetzt:

        § 17
        Außerkrafttreten

        Dieses Gesetz tritt am 31. Dezember 2026 außer Kraft.“

      • Hat das Stammgesetz keine Inkrafttretensregelung, weil es einst im Rahmen eines Mantelgesetzes (Rn. 586) erlassen worden ist, so wird ihm mit dem Änderungsbefehl „einfügen“ eine Regelung über das Außerkrafttreten als letzter Paragraf des Stammgesetzes hinzugefügt.

        Beispiel 2:

        Artikel 1
        Änderung des Gesetzes über weitere Hilfen …

        Das Gesetz über weitere Hilfen … vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:

        1. …

        9. Nach § 6 wird der folgende § 7 eingefügt:

        § 7
        Außerkrafttreten

        Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2027 außer Kraft.“

      Besonderheit – Regelung des Außerkrafttretens im Änderungsgesetz:

      Soll ein Stammgesetz bereits am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes oder ausnahmsweise rückwirkend außer Kraft treten, dann wird es unter Angabe seines Vollzitates, d. h. mit dem Zitiernamen, dem Datum der Ausfertigung oder Bekanntmachung, der Fundstelle und ggf. dem Änderungshinweis, im vorletzten Artikel des Änderungsgesetzes unter der Überschrift „Außerkrafttreten“ außer Kraft gesetzt.

      Beispiel 3 – Außerkrafttreten am Tag nach der Verkündung:

      Artikel 11
      Außerkrafttreten

      Das Gesetz … vom … (BGBl. I S. …), das zuletzt durch … geändert worden ist, tritt am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] außer Kraft.

      Artikel 12
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] in Kraft. Die Artikel 1 bis 8 treten am 1. Januar 2027 in Kraft.

      Beispiel 4 – rückwirkendes Außerkrafttreten:

      Artikel 11
      Außerkrafttreten

      Das Gesetz … vom … (BGBl. I S. …), das zuletzt durch … geändert worden ist, tritt mit Wirkung vom … [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens nach Artikel 12 Satz 2 dieses Gesetzes] außer Kraft.

      Artikel 12
      Inkrafttreten

      Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] in Kraft. Die Artikel 1 und 2 treten mit Wirkung vom … [Hinweis: hier steht ein konkretes Datum] in Kraft.

      Änderung gegenüber der Vorauflage:

      Außerkraftsetzungen – von ganzen Stammgesetzen bzw. Rechtsverordnungen wie auch von deren Bestandteilen – wurden in Mantelgesetzen bislang uneinheitlich gehandhabt.

      Die Vorauflage des Handbuchs sah nur in den Fällen der anfänglichen Befristung eines ganzen Stammgesetzes vor, dessen Außerkrafttreten in diesem selbst zu regeln (3. Auflage Rn. 476). Die nachträgliche Befristung mittels eines Mantelgesetzes sollte jedoch nur dann im Stammgesetz selbst verankert werden, wenn das Ende der Geltungszeit mindestens ein Jahr nach der Verkündung des Mantelgesetzes eintreten sollte (3. Auflage Rn. 746).

      Das Außerkrafttreten ganzer Stammgesetze konnte bislang aber auch in einzelnen Artikeln eines Mantelgesetzes angeordnet oder mit der Inkrafttretensregelung des Mantelgesetzes verbunden werden (3. Auflage Rn. 754).

      Nunmehr werden die Gestaltungsmöglichkeiten darauf reduziert, dass das Außerkrafttreten eines Stammgesetzes künftig grundsätzlich durch einen Paragrafen „Außerkrafttreten“ direkt im Stammgesetz selbst geregelt werden soll. So wird die beschränkte Geltungszeit direkt aus dem Stammgesetz ersichtlich und das Risiko vermieden, dass die Außerkrafttretensregelung übersehen wird.

      Nur in den Fällen des Außerkrafttretens des Stammgesetzes am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes bzw. des rückwirkenden Außerkrafttretens ist die Einfügung der Außerkrafttretensregelung in das Stammgesetz wertlos, weil das Stammgesetz an diesem Tag nicht mehr zum geltenden Bundesrecht gehört; die Außerkrafttretensregelung wird deshalb ausschließlich im Änderungsgesetz platziert.

      Sollen lediglich einzelne Gliederungseinheiten oder Angaben eines Stammgesetzes ersatzlos beseitigt werden, kann dies künftig nicht mehr in Geltungszeitregelungen angeordnet werden. Vielmehr ist für das Außerkraftsetzen einzelner Gliederungseinheiten oder Angaben jetzt nur noch der Änderungsbefehl „streichen“ in dem das Stammgesetz ändernden Artikel zu verwenden. Demzufolge ist auch die Befristung einer Änderung ausschließlich über die Mehrfachänderung eines Stammgesetzes möglich.

    • Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die einzelne Vorschriften eines Gesetzes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht erklärt haben, besitzen Gesetzeskraft und werden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Solche Entscheidungen binden zwar alle Verfassungsorgane sowie Gerichte und Behörden (§ 31 Absatz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes), werden in der Bundesrechtsdatenbank dokumentiert und sind bei einer Neubekanntmachung mit einer Fußnote kenntlich zu machen (Rn. 731).

      Da aber Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts den Gesetzestext selbst nicht ändern, sollten die betroffenen Regelungen im Zuge ohnehin anstehender Änderungen des jeweiligen Gesetzes entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bereinigt werden. Das kann bedeuten, dass die beanstandete Regelung lediglich zu streichen ist. Die Streichung kann allerdings auch Folgeänderungen im selben Gesetz oder in anderen Rechtsvorschriften auslösen (Rn. 528 ff.). Es kann auch erforderlich sein, die Regelung durch eine verfassungskonforme zu ersetzen, was ebenfalls Folgeänderungen auslösen kann.

    • Werden Stammgesetze so geändert, dass grundrechtseinschränkende Vorschriften eingefügt oder nicht nur unwesentlich erweitert werden, muss das Zitiergebot des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes beachtet werden (Rn. 426 ff.). Der entsprechende Hinweis ist grundsätzlich unmittelbar nach der einschränkenden Vorschrift im Stammgesetz anzubringen.

      Beispiel 1:

      Artikel 5
      Änderung des Gesetzes …

      Das Gesetz … wird wie folgt geändert:

      1. …

      4. Nach § 16 Absatz 3 werden die folgenden Absätze 4 und 5 eingefügt:

      „(4)

      (5) Durch Absatz 4 wird das Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.“

      Das Zitiergebot kann auch dadurch erfüllt werden, dass eine Schlussvorschrift des Stammgesetzes zusammenfassend auf die durch einzelne Regelungen eingeschränkten Grundrechte hinweist.

      Beispiel 2:

      Artikel 5
      Änderung des Gesetzes …

      Das Gesetz … wird wie folgt geändert:

      1. …

      10. Nach § 20 wird der folgende § 21 eingefügt:

      § 21
      Einschränkung von Grundrechten

      Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und die Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden durch die §§ … eingeschränkt.“

      Pauschale Formulierungen wie etwa „die Grundrechte … werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt“ sollen im Hinblick auf die Warn- und Besinnungsfunktion des Zitiergebots vermieden werden.

    • Wenn das Änderungsgesetz einzelne Vorschriften betrifft, die bereits Grundrechtseinschränkungen enthalten, so ist das Zitiergebot nicht bereits aufgrund des im Stammgesetz schon vorhandenen Hinweises erfüllt. Wegen der Warn- und Besinnungsfunktion des Zitiergebots ist immer dann, wenn durch das Änderungsgesetz eine bereits bestehende Grundrechtseinschränkung nicht nur unwesentlich erweitert wird, erneut ein gesetzlicher Hinweis auf die Grundrechtseinschränkung erforderlich. Dieser Hinweis muss in einem solchen Fall in einem der Schlussartikel des Änderungsgesetzes enthalten sein.

      Beispiel:

      Artikel …
      Einschränkung eines Grundrechts

      Durch Artikel … Nummer … (§ … des …gesetzes) wird … [Name des Grundrechts] (Artikel … des Grundgesetzes) eingeschränkt.

      Hinweis:

      Ein solcher Artikel ist kein Regelungsrest und führt also nicht dazu, dass das Änderungsgesetz zum dokumentationsbedürftigen Bestand des geltenden Bundesrechts gezählt wird (Rn. 560).

      Eines erneuten gesetzlichen Hinweises bedarf es nicht, wenn das Änderungsgesetz die grundrechtseinschränkende Vorschrift lediglich wiederholt (z. B. im Zuge einer Umstrukturierung des Stammgesetzes) oder sie ausschließlich in einer Weise ändert, die nicht zu einer neuen Grundrechtseinschränkung führt oder ermächtigt (z. B. eine Bezeichnungsänderung einer handelnden Behörde).

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