Um ein Stammgesetz mit unbestimmter Geltungsdauer außer Kraft zu setzen bzw. nachträglich zu befristen, wird ihm durch ein Änderungsgesetz ein Paragraf „Außerkrafttreten“ hinzufügt. Dieser Paragraf legt einen bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt nach der Verkündung des Änderungsgesetzes fest, an dem die Geltung des Stammgesetzes beendet wird. Das Außerkrafttreten kann zum Beispiel nötig sein, wenn ein Stammgesetz infolge geänderter Rechtsvorschriften gegenstandslos wird oder erkannt wird, dass die im Stammgesetz geregelten Sachverhalte tatsächlich nur noch für eine bestimmte Zeit von Bedeutung sein werden.
Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
- Hat das Stammgesetz eine Inkrafttretensregelung, weil es einst als selbständiges Gesetz in Kraft getreten ist, so kann die bereits vollzogene Inkrafttretensregelung durch eine Außerkrafttretensregelung ersetzt werden.
Beispiel 1:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes über Hilfen …
Das Gesetz über Hilfen … vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:
1. …
…
9. § 17 wird durch den folgenden § 17 ersetzt:
„§ 17
Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 31. Dezember 2026 außer Kraft.“
- Hat das Stammgesetz keine Inkrafttretensregelung, weil es einst im Rahmen eines Mantelgesetzes (Rn. 586) erlassen worden ist, so wird ihm mit dem Änderungsbefehl „einfügen“ eine Regelung über das Außerkrafttreten als letzter Paragraf des Stammgesetzes hinzugefügt.
Beispiel 2:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes über weitere Hilfen …
Das Gesetz über weitere Hilfen … vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:
1. …
…
9. Nach § 6 wird der folgende § 7 eingefügt:
„§ 7
Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2027 außer Kraft.“
Besonderheit – Regelung des Außerkrafttretens im Änderungsgesetz:
Soll ein Stammgesetz bereits am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes oder ausnahmsweise rückwirkend außer Kraft treten, dann wird es unter Angabe seines Vollzitates, d. h. mit dem Zitiernamen, dem Datum der Ausfertigung oder Bekanntmachung, der Fundstelle und ggf. dem Änderungshinweis, im vorletzten Artikel des Änderungsgesetzes unter der Überschrift „Außerkrafttreten“ außer Kraft gesetzt.
Beispiel 3 – Außerkrafttreten am Tag nach der Verkündung:
Artikel 11
Außerkrafttreten
Das Gesetz … vom … (BGBl. I S. …), das zuletzt durch … geändert worden ist, tritt am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] außer Kraft.
Artikel 12
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] in Kraft. Die Artikel 1 bis 8 treten am 1. Januar 2027 in Kraft.
Beispiel 4 – rückwirkendes Außerkrafttreten:
Artikel 11
Außerkrafttreten
Das Gesetz … vom … (BGBl. I S. …), das zuletzt durch … geändert worden ist, tritt mit Wirkung vom … [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens nach Artikel 12 Satz 2 dieses Gesetzes] außer Kraft.
Artikel 12
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am … [einsetzen: Datum des Tages nach der Verkündung dieses Gesetzes] in Kraft. Die Artikel 1 und 2 treten mit Wirkung vom … [Hinweis: hier steht ein konkretes Datum] in Kraft.
Änderung gegenüber der Vorauflage:
Außerkraftsetzungen – von ganzen Stammgesetzen bzw. Rechtsverordnungen wie auch von deren Bestandteilen – wurden in Mantelgesetzen bislang uneinheitlich gehandhabt.
Die Vorauflage des Handbuchs sah nur in den Fällen der anfänglichen Befristung eines ganzen Stammgesetzes vor, dessen Außerkrafttreten in diesem selbst zu regeln (3. Auflage Rn. 476). Die nachträgliche Befristung mittels eines Mantelgesetzes sollte jedoch nur dann im Stammgesetz selbst verankert werden, wenn das Ende der Geltungszeit mindestens ein Jahr nach der Verkündung des Mantelgesetzes eintreten sollte (3. Auflage Rn. 746).
Das Außerkrafttreten ganzer Stammgesetze konnte bislang aber auch in einzelnen Artikeln eines Mantelgesetzes angeordnet oder mit der Inkrafttretensregelung des Mantelgesetzes verbunden werden (3. Auflage Rn. 754).
Nunmehr werden die Gestaltungsmöglichkeiten darauf reduziert, dass das Außerkrafttreten eines Stammgesetzes künftig grundsätzlich durch einen Paragrafen „Außerkrafttreten“ direkt im Stammgesetz selbst geregelt werden soll. So wird die beschränkte Geltungszeit direkt aus dem Stammgesetz ersichtlich und das Risiko vermieden, dass die Außerkrafttretensregelung übersehen wird.
Nur in den Fällen des Außerkrafttretens des Stammgesetzes am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes bzw. des rückwirkenden Außerkrafttretens ist die Einfügung der Außerkrafttretensregelung in das Stammgesetz wertlos, weil das Stammgesetz an diesem Tag nicht mehr zum geltenden Bundesrecht gehört; die Außerkrafttretensregelung wird deshalb ausschließlich im Änderungsgesetz platziert.
Sollen lediglich einzelne Gliederungseinheiten oder Angaben eines Stammgesetzes ersatzlos beseitigt werden, kann dies künftig nicht mehr in Geltungszeitregelungen angeordnet werden. Vielmehr ist für das Außerkraftsetzen einzelner Gliederungseinheiten oder Angaben jetzt nur noch der Änderungsbefehl „streichen“ in dem das Stammgesetz ändernden Artikel zu verwenden. Demzufolge ist auch die Befristung einer Änderung ausschließlich über die Mehrfachänderung eines Stammgesetzes möglich.