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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil B Allgemeine Regeln zur rechtsförmlichen und sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften

    • Am Anfang des Rechtsetzungsprozesses stehen Konzipierung und Skizzierung des geplanten Regelungsvorhabens.

      Sowohl für die Konzipierung und Skizzierung als auch für die Diskussion neuer Regelungen ist es wichtig, die dem Regelungsvorhaben zugrundeliegenden tatsächlichen Probleme, die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele, die Akteure und Betroffenen und ihre Interessen sowie die verschiedenen Handlungsoptionen und deren Folgen systematisch zu erfassen und ggf. grafisch darzustellen.

      Erst nach dieser Phase, d. h., wenn das Gerüst inhaltlich ausgearbeitet und weitestgehend konsentiert ist (z. B. in einem Eckpunktepapier), sollte die Formulierungsarbeit für einen förmlichen Entwurf beginnen. Nachdem ein Regelungsgedanke erstmals in Worte gefasst ist, kann dieser Ausgangstext in mehreren Schritten zu einem in sich stimmigen und verständlichen Paragrafen ausformuliert, in Beziehung zu anderen Paragrafen gesetzt und ggf. weiter verändert werden.

    • Die Position einer Regelung im hierarchischen Gefüge aller Rechtsnormen muss erkennbar sein, damit offensichtlich ist, welchen Rechtsrang die Regelung hat und wer sie folglich später ändern darf. So dürfen im untergeordneten Recht nicht Regelungen aus dem übergeordneten Recht wiederholt werden. Falls ausnahmsweise doch eine solche Regelung wiederholt werden muss, etwa weil die Regelung im untergeordneten Recht ansonsten unverständlich wäre, so ist durch eine Verweisung zu kennzeichnen, dass es sich um die Wiedergabe übergeordneten Rechts handelt.

      Für die Frage, auf welcher Ebene der Normenhierarchie eine neue Regelung getroffen werden soll, ist Folgendes zu beachten:

      • Wesentliches ins Gesetz
        Der Gesetzgeber muss nach der Wesentlichkeitstheorie normative Grundentscheidungen selbst treffen. So gehören z. B. Regelungen mit Relevanz für die Grundrechte immer in ein Gesetz und können durch einen Verordnungsgeber allenfalls näher ausgestaltet werden.
      • Regelungen zur Ausgestaltung des Gesetzes in Rechtsverordnungen
        Regelungen, die ein Gesetz näher ausgestalten, können in Rechtsverordnungen getroffen werden, sofern dafür eine gesetzliche Verordnungsermächtigung (Rn. 393 ff.) besteht.
    • Bestehende Gesetze oder Verordnungen sollen nur so geändert werden, dass die fachlich bewährte Dogmatik und die Systematik erhalten bleiben. Bei jeder Änderung einer Rechtsvorschrift muss deshalb überprüft werden, wie sich die Änderung auf den übrigen Regelungstext und auf andere Rechtsvorschriften auswirkt. Insbesondere muss geprüft werden, ob Verweisungen in anderen Rechtsvorschriften auch nach der Änderung des dort in Bezug genommenen Stammgesetzes noch stimmen. Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, dass die Verständlichkeit bestehender Gesetze oder Verordnungen durch Änderungen nicht beeinträchtigt wird. Ein Änderungsvorhaben kann aber auch Anlass zur sprachlichen Überarbeitung bestehender Vorschriften sein, wenn diese unklar formuliert sind bzw. zu Anwendungsproblemen geführt haben. Das heißt zusammenfassend, dass Rechtsvorschriften auch nach Änderungen weiterhin allen rechtssystematischen, rechtsförmlichen und sprachlichen Anforderungen genügen müssen.

    • Während des gesamten Rechtsetzungsprozesses ist vielerlei Kommunikation zwischen den verschiedenen Beteiligten nötig, um zu verständlich formulierten Regelungen zu gelangen.

      So sollte die Gesetzesredaktion des Bundesjustizministeriums (Rn. 18) bereits in einem möglichst frühen Stadium des Entwurfsprozesses zu Rate gezogen werden, um gemeinsam eine der inhaltlichen Konzeption entsprechende Grundstruktur des Textes zu entwerfen oder um problematische Formulierungen oder neue Begriffe eines ersten Textentwurfs zu besprechen und Lösungsmöglichkeiten auszuloten.

      Um rechtssystematische und rechtsförmliche Fehler zu vermeiden, sollte außerdem frühzeitig Kontakt zum zuständigen Rechtsprüfungsreferat (Rn. 10) gesucht werden.

      Diese frühe sprachliche, rechtssystematische und rechtsförmliche Beratung ist ein wichtiger Teil der Entwurfsarbeit. Die rechtzeitige Nutzung dieser Expertise hilft dabei, die zu schaffende Rechtsvorschrift in eine rechtssystematisch, sprachlich und rechtsförmlich optimale Form zu bringen.

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