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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil C Stammgesetze

5 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen

    • Der Gesetzgeber kann die Exekutive ermächtigen, zur Ergänzung und zur Ausführung eines Gesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen. Dies ist z. B. sinnvoll, um Gesetze von Detailregelungen zu entlasten oder um Vorschriften schneller – nämlich nicht durch Änderungsgesetzgebung, sondern durch Änderung der Rechtsverordnung – anpassen zu können, wenn fachliche Veränderungen notwendig werden. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot des Grundgesetzes folgende Parlamentsvorbehalt gebietet es dem Gesetzgeber allerdings, in grundlegenden Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. In solchen Fällen muss der Gesetzgeber daher entweder die Details allein in einem Gesetz regeln oder aber die Vorgaben in der Verordnungsermächtigung so präzise und kleinteilig fassen, dass darin die wesentlichen Entscheidungen bereits enthalten sind.

    • Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Verordnungsermächtigung ergeben sich aus Artikel 80 des Grundgesetzes, insbesondere hinsichtlich

      • der möglichen Adressaten einer Ermächtigung (Rn. 397) einschließlich der Möglichkeit, die Ermächtigung weiter zu übertragen (Rn. 407 ff.),
      • der Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung (Rn. 400),
      • der Rechte des Bundesrates beim Erlass von Rechtsverordnungen (Rn. 413 ff.).
    • Kern jeder Verordnungsermächtigung ist die Ermächtigungsnorm, d. h. die Einzelvorschrift eines Stammgesetzes, die unter Verwendung des Wortes „Rechtsverordnung“ eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmte Regelungsbefugnis auf die Exekutive überträgt (Rn. 406).

      Nennt diese Vorschrift auch den Ermächtigungsadressaten und enthält sie ggf. weitere für den Erlass der Rechtsverordnung erforderliche Festlegungen, so ist sie alleinige Rechtsgrundlage einer Verordnung. Andernfalls werden andere Vorschriften als weitere Rechtsgrundlagen herangezogen, insbesondere wenn diese mindestens eine der folgenden, für den Erlass der Verordnung wesentlichen Festlegungen treffen:

      • zur Zustimmung des Bundesrates,
      • zur Mitwirkung anderer Stellen (Zustimmung, Einvernehmen, Benehmen, Anhörung),
      • zur vollständigen Bezeichnung des Ermächtigungsadressaten,
      • zur Möglichkeit, die Ermächtigung weiter zu übertragen (Rn. 407).

      Die Verordnungsermächtigung besteht in diesen Fällen aus der Ermächtigungsnorm und den sie ergänzenden Vorschriften.

      Der Bezug der ergänzenden Vorschriften auf die Ermächtigungsnorm wird meist durch eine Verweisung auf die Ermächtigungsnorm hergestellt.

      Beispiel:

      Verordnungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 8, die von besonderer Bedeutung für den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm sind, werden im Benehmen mit dem Umweltbundesamt erlassen.

      Der Bezug der ergänzenden Vorschrift auf die Ermächtigungsnorm kann auch durch eine Legaldefinition hergestellt werden, wenn etwa eine Ermächtigungsnorm, die „das Bundesministerium“ zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt, durch eine Vorschrift ergänzt wird, die die Legaldefinition des entsprechenden Bundesministeriums enthält, z. B. „Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium)“.

      Zu den Folgen für die Eingangsformel der Rechtsverordnung siehe Teil E.

    • Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Ermächtigungsnorm können in anderen Vorschriften eines Stammgesetzes (näher) ausgestaltet sein. Immer wenn der Verordnungsgeber beim Erlass der Rechtsverordnung die in den ausgestaltenden Vorschriften konkretisierte Rechtsetzungsbefugnis in Anspruch nimmt, bilden solche ausgestaltenden Vorschriften zusammen mit der Ermächtigungsnorm die Verordnungsermächtigung. Neben der Ermächtigungsnorm ist dann auch die ausgestaltende Vorschrift als Rechtgrundlage in der Eingangsformel der Verordnung zu nennen.

      Beispiel:

       Ermächtigungsnorm:

      §

      (1) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Arzneimittel im Sinne des § 44 vom Verkehr außerhalb der Apotheken auszuschließen, ...

      ausgestaltende Vorschrift

      (2) Die Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann auf bestimmte Dosierungen, Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen beschränkt werden.

      ergänzende Vorschrift 1 (Fall: Mitwirkung anderer Stellen)

      (3) Die Rechtsverordnung nach Absatz 1 ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, …

      ergänzende Vorschrift 2 (Fall: vollständige Bezeichnung des Ermächtigungsadressaten)

      §

      Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) ...

      Zu den Folgen für die Eingangsformel der Rechtsverordnung siehe Teil E.

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