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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil A Rechtsprüfung

2 Praxis der Rechtsprüfung

    • Die Prüfung durch das Bundesjustizministerium bezieht sich mit Blick auf die gesamte Rechtsordnung vor allem auf Rechtssystematik und Rechtsförmlichkeit sowie auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit des jeweiligen Rechtsetzungsvorhabens. Rechtssystematik, Rechtsförmlichkeit und Rechtssprache sind eng miteinander verzahnt. Deshalb müssen die für den Entwurf zuständigen Fachleute juristischen und sprachlichen Sachverstand hinzuziehen und mit den hierauf spezialisierten Fachleuten eng zusammenarbeiten.

    • Ein wesentlicher Gesichtspunkt der rechtssystematischen Prüfung ist die Frage, ob die entworfenen Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Die Prüfung konzentriert sich auf

      • die Verfassungsmäßigkeit (Rn. 17),
      • die Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union,
      • die Vereinbarkeit mit allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts (Artikel 25 des Grundgesetzes) und
      • die Vereinbarkeit mit dem vertraglichen Völkerrecht, beispielsweise die Vereinbarkeit mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und der Europäischen Menschenrechtskonvention und anderen menschenrechtlichen Verpflichtungen, soweit ihnen inhaltlich Vorrang zukommt.

      Geprüft werden diese Punkte immer dann, wenn

      • entsprechende Bezüge offenkundig sind oder sich Anhaltspunkte z. B. aus der Begründung zum Entwurf ergeben,
      • von dem vorlegenden Ressort entsprechende Fragen gestellt werden oder
      • sich durch Hinweise anderer Beteiligter oder aus Diskussionen in der Fachöffentlichkeit Fragen ergeben.
    • Ferner wird geprüft, ob sich die vorgesehenen Regelungen in die bestehende Rechtsordnung einfügen. Die wichtigsten Prüffragen dabei lauten:

      • Ist die Regelungsebene richtig gewählt?
      • Welche Beziehungen bestehen zu anderen Rechtsvorschriften?
      • Sind die Regelungen innerhalb des Rechtsgebiets systematisch richtig platziert?
      • Ist das Stammgesetz bzw. die Stammverordnung systematisch und logisch aufgebaut?
      • Ist das Gewollte nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht?
      • Sind Bezugnahmen auf andere Vorschriften (z. B. starre oder gleitende Verweisungen) zweckmäßig und klar?
      • Werden doppelte oder widersprüchliche Regelungen vermieden?
      • Ist die Terminologie einheitlich – innerhalb der Rechtsvorschrift und innerhalb des jeweiligen Rechtsgebiets?
      • Sind die Regelungen problemlos anwendbar?

      Bei Änderungsgesetzen kommt hinzu:

      • Gibt es überholte Regelungen, die aufzuheben sind?
      • Fügen sich Änderungen systematisch richtig in das jeweilige Stammgesetz bzw. die je-weilige Stammverordnung ein, sodass der Aufbau in sich logisch bleibt?
    • Der Begriff „Rechtsförmlichkeit“ bezieht sich auf Form und Gestaltung der Gesetze und Rechtsverordnungen. Die rechtsförmlichen Regeln sind in diesem Handbuch zusammengefasst. Darüber hinaus gibt das Bundesjustizministerium rechtsförmliche Empfehlungen für Spezialfälle. Die häufigsten rechtsförmlichen Prüffragen lauten:

      • Ist das Gesetz förmlich richtig als Stamm- bzw. als Änderungsgesetz aufgebaut (gilt entsprechend für Verordnungen)?
      • Sind alle notwendigen Bestandteile enthalten? Das betrifft:
        • Überschrift,
        • Eingangsformel,
        • bei umfangreicheren Gesetzen oder Verordnungen: Inhaltsübersicht,
        • sinnvoll gegliederter Regelungsteil,
        • sinnvoll gegliederte Einzelvorschriften,
        • Inkrafttretensbestimmung.
      • Sind ggf. vorhandene weitere Bestandteile (z. B. Anlagen) zulässig?
      • Werden die Vorgaben dieses Handbuchs für die einzelnen Bestandteile eingehalten?
      • Sind Verweisungen sinnvoll und in rechtsförmlich zulässiger Weise formuliert?
      • Bei Änderungsgesetzen kommen folgende Fragen hinzu:
        • Sind die einzelnen Artikel richtig geordnet (nach Bedeutung oder nach FNA-Nummern Rn. 23)?
        • Folgen die Änderungsbefehle innerhalb der einzelnen Artikel der chronologischen Abfolge des zu ändernden Stammgesetzes bzw. der zu ändernden Stammverordnung?
        • Stimmen Aufbau und Formulierung der Änderungsbefehle mit den Vorgaben dieses Handbuchs überein, sodass sie im jeweiligen Stammgesetz bzw. in der Stammverordnung eindeutig ausführbar sind?
      • Müssen andere Rechtsvorschriften angepasst werden, weil sie andernfalls wegen der neuen Regelungen unrichtig würden (Folgeänderungen)?
      • Können Regelungen aufgehoben werden, weil sie überflüssig geworden sind?
      • Ist das Inkrafttreten vernünftig gewählt und entsprechend formuliert?
    • Alle Regelungsentwürfe werden fachlich neutral auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit überprüft (Rn. 18 ff.).

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