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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil D Änderung von Gesetzen

2 Änderungstechnik

    • Mit der Änderungstechnik werden Stammgesetze geändert. Bei dem zu ändernden Stammgesetz handelt es sich in der Regel um ein geltendes, d. h. verkündetes und in Kraft getretenes Stammgesetz. Geändert werden kann ein verkündetes Stammgesetz auch, soweit es noch nicht in Kraft getreten ist.

      Ein noch nicht verkündetes oder ein außer Kraft getretenes Stammgesetz kann hingegen nicht geändert werden.

    • Änderungsgesetze verwenden die in diesem Handbuch festgelegte Änderungstechnik, mit der angeordnet wird,

      • welches Stammgesetz
      • an welcher Stelle im Text
      • auf welche Art

      geändert werden soll.

      Die Grundelemente der Änderungstechnik sind:

      • der Eingangssatz (Rn. 465 ff.) und
      • ein oder mehrere Änderungsbefehle (Rn. 469).

      Eingangssatz und Änderungsbefehle müssen gewährleisten, dass die gewünschten Änderungen mit Inkrafttreten des Änderungsgesetzes im Text des jeweiligen Stammgesetzes richtig vollzogen werden. Mit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes haben Eingangssatz und Änderungsbefehle ihre Funktion erfüllt.

    • Die Änderungstechnik hat den Nachteil, dass der Kontext und die rechtliche Bedeutung der Änderungen kaum ersichtlich werden, insbesondere, wenn sich die Änderungsbefehle nur auf einzelne Wörter oder Sätze beziehen. Die Bedeutung der Änderungen kann nur im Vergleich mit dem bisherigen Text des Stammgesetzes erkannt werden. Der neue Text des Gesetzes muss erst zusammengefügt (konsolidiert) werden, damit er verstanden und angewendet werden kann.

    • Der wichtigste Vorteil der Änderungstechnik liegt darin, dass für alle, die über die Änderungen beraten und entscheiden, und auch für die Rechtsanwender genau ersichtlich ist, welche Teile des Normtextes geändert werden und welche unverändert bleiben. Die Änderungen sollen gut nachvollziehbar sein, denn im Gesetzgebungsverfahren wird nicht über das Stammgesetz insgesamt, sondern nur über die Änderungen beraten und entschieden. Die Änderungstechnik ermöglicht somit einen raschen Überblick über das Ausmaß der Änderungen in einem Stammgesetz.

    • Die Vor- und Nachteile der Änderungstechnik müssen im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden. Die Vorteile der Änderungstechnik überwiegen ihre Nachteile in der Regel dann, wenn

      • die Rechtsetzung auf (sachlich oder politisch) vorgegebene inhaltliche Änderungen beschränkt werden soll,
      • die Änderungen hervorgehoben werden sollen und
      • der Umfang der Textänderungen im Verhältnis zum Textumfang des betroffenen Stammgesetzes gering ist.

      Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so soll die Form des Ablösungsgesetzes (Rn. 603 ff.) gewählt werden.

    • Hinsichtlich der Art der Änderungen ist zwischen Haupt- und Folgeänderungen zu unterscheiden. Hauptänderungen dienen der unmittelbaren Umsetzung eines fachlichen und rechtspolitischen Ziels im Text eines oder mehrerer Stammgesetze. Werden durch die Hauptänderungen andere Vorschriften unrichtig, so sorgen Folgeänderungen (z. B. Anpassung von Verweisungen und Begriffen) für die Stimmigkeit zwischen den durch Hauptänderungen veränderten Gesetzestexten und dem übrigen Recht.

      Jede Hauptänderung muss auf notwendige Folgeänderungen hin überprüft werden. Welche Vorschriften die geänderte Norm zitieren und daher von Folgeänderungen betroffen sein können, kann mit Hilfe der Datenbank des Bundesrechts (Rn. 28) ermittelt werden[34].

      Haupt- und Folgeänderungen sollen im selben Rechtsetzungsvorhaben erfasst werden. Die Summe aller Haupt- und Folgeänderungen ist das sog. Änderungspensum des Rechtsetzungsvorhabens.

      Praxistipp

      Das Änderungspensum lässt sich auf verschiedene Weise veranschaulichen, z. B.

      • über eine Synopse, in der dem bisherigen Gesetzestext bzw. seiner zu ändernden Ausschnitte die künftig gewollte Fassung des Stammgesetzes gegenübergestellt wird und die Änderungen kenntlich gemacht werden und erläutert werden können;
      • indem der Text der zu ändernden Vorschriften in einem Dokument erfasst wird und im Änderungsmodus so verändert wird, wie er künftig gelten soll.

      Eine solche Veranschaulichung ist sehr hilfreich, wenn der Gesetzentwurf mit anderen Beteiligten diskutiert und abgestimmt werden soll. Entsprechende Arbeitsdokumente können mit Hilfe des eNorm-Bestandsrecht-Konverters erstellt und sollten allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden.

      __________

      [34] Hilfe bietet der Rechercheservice der Normendokumentation des Bundesamtes für Justiz.

    • Änderungsgesetze sind in Artikel gegliedert.

      Jeder Artikel eines Änderungsgesetzes bezieht sich auf jeweils ein zu änderndes Gesetz. Daher enthält jeder Artikel einen Eingangssatz (Rn. 465 ff.) sowie alle Änderungsbefehle (Rn. 469), die in einem Stammgesetz zu einem Zeitpunkt ausgeführt werden bzw. in Kraft treten.

      Abweichend davon können Folgeänderungen (Rn. 461) in einem Artikel zusammengefasst werden, in welchem jedes zu ändernde Stammgesetz einen eigenen Absatz erhält.

    • Folgende Gliederungseinheiten eines Stammgesetzes können geändert werden:

      • Überschrift;
      • Inhaltsübersicht und deren einzelne Angaben zu Gliederungseinheiten;
      • den Paragrafen oder Artikeln übergeordnete Gliederungseinheiten:
        Buch, Teil, Kapitel, Unterkapitel, Abschnitt, Unterabschnitt, Titel, Untertitel und deren Überschriften;
      • Paragrafen oder Artikel und deren Überschriften sowie deren Untergliederungen;
        Absatz, Satz, Nummer, Buchstabe, Doppelbuchstabe, Dreifachbuchstabe;
      • Anlagen.

      Nicht änderungsfähig hingegen sind:

      • Ausfertigungsdatum;
      • Eingangsformel;
      • Schlussformel;
      • Ausfertigungsort;
      • Unterzeichnende;
      • sofern vorhanden: die Liste „EU-Rechtsakte“ (Rn. 195);
      • sofern vorhanden: Fußnoten zur Umsetzung europarechtlicher Zitiergebote (Rn. 217 ff.), insbesondere zu Hinweisen auf Einhaltung des Verfahrens nach der Notifizierungs-Richtlinie (Rn. 223 ff.);
      • sofern vorhanden: andere Fußnoten mit deklaratorischem Inhalt.
    • Grundsätzlich soll die ganze Gliederungseinheit ersetzt werden (sog. Revision), selbst wenn darin lediglich einzelne Angaben wie Wörter, Ziffern oder Zeichen gestrichen, eingefügt oder ersetzt werden sollen. Die Änderung erscheint dadurch in ihrem Kontext, der die rechtliche Bedeutung der Änderung erkennen lässt. Die Ersetzung ist außerdem weniger fehleranfällig als die punktuelle Änderung innerhalb einer Gliederungseinheit.

      Manchmal kann es jedoch sinnvoll sein, gezielt lediglich einzelne Angaben wie Wörter, Ziffern oder Zeichen innerhalb von Gliederungseinheiten zu streichen, einzufügen oder zu ersetzen (sog. Binnenrevision). Dies kommt z. B. in Betracht bei Folgeänderungen, durch die ein und dieselbe Bezeichnung oder Verweisung an vielen Stellen geändert werden muss, oder wenn eine andere nur punktuelle Änderung besonders hervorgehoben werden soll.

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