Die Formulierungen „§ x bleibt unberührt“ und „vorbehaltlich des § y“ signalisieren ein bestimmtes Verhältnis zwischen den per Verweisung miteinander verknüpften Regelungen. Allerdings lässt sich dieses juristische Verhältnis der Regelungen – besonders für Laien – nicht ohne Weiteres erkennen, z. B. ob die Verweisungsnorm gegenüber der Bezugsnorm Vorrang hat (oder umgekehrt), ob beide Regelungen nebeneinander angewendet werden können oder ob lediglich deklaratorisch über etwas informiert wird. Das vom Normgeber beabsichtigte Verhältnis zwischen den in Bezug gesetzten Regelungen soll jedoch eindeutig ausgedrückt werden. Zu empfehlen ist folgender fachsprachlicher Gebrauch:
Die Wendung „bleibt unberührt“ soll nur verwendet werden, wenn Regelungen nebeneinander anwendbar sein können.
Beispiel:
Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.
Erklärung: Die Wendung „bleibt unberührt“ weist hier darauf hin, dass jemand sich wegen fahrlässigen Handelns strafbar machen kann, wenn er nicht vorsätzlich gehandelt hat, weil er sich in einem sog. Tatbestandsirrtum befunden hat.
Die Wendung „vorbehaltlich …“ verschafft der in Bezug genommenen Quelle einen Vorrang. Sie kann oft ersetzt werden durch eine aussagekräftigere und klare Verweisung, wie z. B. durch „es sei denn, es liegt ein Fall des § x vor“ oder „§ x geht vor“.
Fehlbeispiel:
(1) Aufgabe des Statistischen Bundesamtes ist es, vorbehaltlich der Regelung in § 26 Absatz 1 oder sonstiger Rechtsvorschriften, …
Problem: Die Bedeutung von „vorbehaltlich“ bleibt unklar. Denn entweder haben die in Bezug genommenen Regelungen (§ 26 Absatz 1 oder sonstige Rechtsvorschriften) Vorrang gegenüber dieser Verweisungsnorm (§ 3 des Bundesstatistikgesetzes) oder aber Verweisungsnorm und Bezugsnormen sollen nebeneinander anwendbar sein.
Lösungsmöglichkeiten: Das unbestimmte „vorbehaltlich“ ist durch eine sprachlich konkretere Formulierung zu ersetzen. Folgende Formulierungen sind möglich:
- Wenn die in Bezug genommen Regelungen Vorrang haben:
… soweit in § 26 Absatz 1 oder in anderen Rechtsvorschriften nichts anderes geregelt ist. - Wenn Ausgangsnorm und Bezugsnorm nebeneinander anwendbar sein sollen:
§ 26 Absatz 1 und sonstige Rechtsvorschriften bleiben unberührt. - Der Begriff „unbeschadet“ ist zu vermeiden, da er nicht einheitlich gebraucht wird.