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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil D Änderung von Gesetzen

    • Eine Bekanntmachungserlaubnis gestattet dem fachlich zuständigen Bundesministerium, den zu einem Stichtag geltenden Text eines geänderten Stammgesetzes zu konsolidieren, festzustellen und den festgestellten Text im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen. Die Bekanntmachungserlaubnis ist insbesondere dann sinnvoll, wenn ein Stammgesetz mehrfach oder in größerem Umfang geändert worden ist.

      Diese besondere Erlaubnis des Gesetzgebers ist erforderlich, weil ein daraufhin im Bundesgesetzblatt bekannt gemachter Gesetzestext die Grundlage für die folgenden Änderungsgesetze bildet (sog. Maßgeblichkeitswirkung der Bekanntmachung). Die Bekanntmachungserlaubnis begründet aber keine Rechtsetzungsbefugnis: Sie lässt die Rechtslage unberührt und dient der Rechtssicherheit. Die Feststellung des Gesetzestextes zu einem bestimmten Stichtag hat damit ausschließlich deklaratorischen Charakter – im Unterschied zur konstitutiven Neufassung durch ein Ablösungsgesetz (Rn. 603 ff.).

    • Die Bekanntmachungserlaubnis steht im Änderungsgesetz in einem gesonderten Artikel unter der Überschrift Bekanntmachungserlaubnis“ vor den Geltungszeitregelungen.

      Hinweis:
      Ein Artikel mit einer Bekanntmachungserlaubnis ist kein sog. Regelungsrest (Rn. 560) und führt also nicht dazu, dass das Änderungsgesetz zum dokumentationsbedürftigen Bestand des geltenden Bundesrechts gezählt wird.

    • Als standardisierte Formulierung enthält die Bekanntmachungserlaubnis die folgenden Angaben:

      • das für die Bekanntmachung zuständige Bundesministerium,
      • den Zitiernamen des bekannt zu machenden Gesetzes,
      • einen bestimmten oder bestimmbaren Stichtag, zu dem der Gesetzestext festgestellt werden kann.
    • Der Stichtag für die Bekanntmachung muss in der Erlaubnis genau bestimmt werden, z. B. mit einem Datum.

      Beispiel 1:

      Artikel 5
      Bekanntmachungserlaubnis

      Das Bundesministerium der Finanzen kann den Text des Kreditwesengesetzes in der vom 15. Juli 2021 an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

      Häufig wird der Stichtag in der Bekanntmachungserlaubnis abhängig vom Inkrafttreten des Gesetzes, das die Bekanntmachungserlaubnis enthält, bestimmt.

      Beispiel 2:

      Artikel 2
      Bekanntmachungserlaubnis

      Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kann den Text des Tierschutzgesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

      Ist für das Änderungsgesetz ein gespaltenes Inkrafttreten (Rn. 171 ff.) vorgesehen, so muss klargestellt werden, an welchen der verschiedenen Inkrafttretenszeitpunkte die Bekanntmachungserlaubnis anknüpft. Es empfiehlt sich deshalb besonders in den Fällen des gespaltenen Inkrafttretens, den Stichtag in der Bekanntmachungserlaubnis durch ein konkretes Datum oder einen Datierungsbefehl zu bestimmen (Rn. 164 ff.).

      Beispiel 3:

      Artikel 3
      Bekanntmachungserlaubnis

      Das Bundesministerium … kann den Text des ... [Gesetzes] in der vom … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 4 Absatz 2 dieses Gesetzes] an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

      Der Stichtag sollte jedenfalls so festgesetzt werden, dass möglichst alle aktuell im Beratungs- oder Verkündungsstadium befindlichen Änderungen des Stammgesetzes berücksichtigt werden können. Eine Neubekanntmachung ist nicht sinnvoll, wenn bereits absehbar ist, dass das Stammgesetz unmittelbar danach wieder geändert wird.

    • Die Bekanntmachungserlaubnis schließt in der Staatspraxis ohne ausdrückliche Erwähnung ein, Schreibweisen zu vereinheitlichen bzw. an die aktuelle Rechtschreibung anzupassen. Auch Druckfehler und andere offenbare Unrichtigkeiten können ohne ausdrückliche Erwähnung berichtigt werden; dabei ist das Verfahren nach § 61 GGO zu beachten. Die Berichtigung muss aktenkundig sein, aber nicht veröffentlicht werden.

      Im Übrigen darf der Gesetzgeber mit der Bekanntmachungserlaubnis keine inhaltlichen Änderungen des Regelungstextes gestatten; er kann lediglich von ihm genau zu bestimmende redaktionelle Veränderungen ermöglichen.

      Folgende redaktionelle Änderungen können beispielsweise mit der Bekanntmachungserlaubnis ermöglicht werden:

      • die Vereinheitlichung von Zitierweisen aufgrund festgelegter Regeln (z. B. Zitierung von EU-Rechtsakten) – dies hat keine inhaltliche Auswirkung auf den geltenden Regelungstext, wenn die Art der Verweisung nicht verändert wird;
      • die Anpassung einer vorhandenen Inhaltsübersicht an gesetzlich geänderte Überschriften für Paragrafen und andere Gliederungseinheiten, wenn die Anpassung zuvor versäumt wurde, sowie das Voranstellen einer Inhaltsübersicht, wenn bisher keine vorhanden war – denn die Inhaltsübersicht hat keinen regelnden Charakter, sondern bildet lediglich die Gliederung des Regelungstextes ab;
      • die Anpassung von Behördenbezeichnungen, wenn diese sich aus einem anderen verkündeten Rechtsakt ergeben, z. B. aus einem Organisationserlass des Bundeskanzlers in Verbindung mit dem Zuständigkeitsanpassungsgesetz.

      Die Änderung einer Überschrift, der Vorschriftenfolge oder der Zeichensetzung hingegen ist unzulässig, denn sie könnte zu einer verfälschten Wiedergabe des rechtserheblichen Inhalts des Gesetzes führen. Wenn eine neue Überschrift, eine andere Nummerierung oder gar Umstellungen im Gesetzestext für sinnvoll oder notwendig erachtet werden, bedarf es eines Änderungsgesetzes mit eindeutigen auf den jeweiligen Gesetzestext bezogenen Änderungsbefehlen.

      Bestehen Zweifel, ob der redaktionelle Rahmen der Bekanntmachungserlaubnis eingehalten wird, muss die Änderung im Text des Stammgesetzes unterbleiben. (Zur Problematik siehe auch Rn. 723).

      Änderung gegenüber der Vorauflage:

      Im Unterschied zur Vorauflage des Handbuchs wird nunmehr auf die Möglichkeit hingewiesen, in einer Bekanntmachungserlaubnis weitere redaktionelle Anpassungen vorzusehen, die den Regelungsinhalt offensichtlich nicht betreffen. Solche Anpassungsmöglichkeiten sind in einigen Gesetzen bereits seit langem enthalten. Sie entlasten den Gesetzgeber und vermeiden Berichtigungsverfahren nach § 61 GGO.

    • Durch ein Änderungsgesetz kann auch eine allgemeine Bekanntmachungserlaubnis in ein Stammgesetz eingefügt werden; damit liegt es bei jeder Änderung des Stammgesetzes im Ermessen des zuständigen Ressorts, ob eine Neufassung im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht werden soll. Eine Neubekanntmachung soll aber nur dann erfolgen, wenn sie im Interesse der Rechtssicherheit geboten erscheint, etwa wenn das Stammgesetz bereits häufig geändert worden ist.

      Beispiel:

      § 25
      Bekanntmachungserlaubnis

      Das Bundesministerium der Finanzen kann den Text dieses Gesetzes in der nach einer Änderung geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekanntmachen.

    • Die Bekanntmachungserlaubnis richtet sich ausschließlich an das in ihr genannte Bundesministerium und wird bereits mit der Verkündung wirksam. Sie ist deshalb von der Inkrafttretensvorschrift des Änderungsgesetzes, in dem sie steht, unabhängig und braucht dort nicht erwähnt zu werden.

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