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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil D Änderung von Gesetzen

3 Übergangsrecht aus Anlass der Änderung von Gesetzen

    • Übergangsvorschriften finden ihren verfassungsrechtlichen Grund insbesondere im Verhältnismäßigkeits- und Vertrauensschutzgrundsatz und im Rückwirkungsverbot. So ist es aus Gründen des Vertrauensschutzes grundsätzlich nicht zulässig, in bereits abgeschlossene oder abschließend geregelte Sachverhalte bzw Rechtsverhältnisse einzugreifen (vgl. (Rn. 16 ff.).

      Ausnahmen können im Einzelfall gerechtfertigt sein; die verfassungsrechtliche Prüfung setzt aber jeweils voraus, dass zunächst dargetan wird, warum aus der Sicht des jeweiligen Fachrechts eine Rückwirkung gerechtfertigt wäre und welche Argumente gegen einen Verzicht auf eine solche Rückwirkung sprechen.

    • Ein Sachverhalt bzw. Rechtsverhältnis ist abgeschlossen, wenn die dafür vorgesehenen Rechtsfolgen bereits vollständig eingetreten sind. Abgeschlossene Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse werden durch neue Regelungen nicht erfasst und die Frage der Anwendung neuen Rechts auf bestehende Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse stellt sich grundsätzlich nicht.

      Beispiel:

      Die Kündigung eines Vertrages hat das Vertragsverhältnis beendet, bevor eine gesetzliche Neuregelung eine solche Kündigung verbietet.

    • Als abschließend geregelt gelten Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse, wenn sie die Tatbestandsmerkmale einer bisher geltenden Rechtsnorm vollständig erfüllt haben, die dort bestimmten Rechtsfolgen jedoch noch nicht vollständig eingetreten sind.

      Für solche Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse bleibt grundsätzlich die Rechtslage ausschlaggebend, die bei ihrem Entstehen galt. Veränderungen sind aus Gründen des Rückwirkungsverbots und des Vertrauensschutzes grundsätzlich nicht zulässig. Deshalb kann etwa derjenige, der vor Inkrafttreten des neuen Rechts den Tatbestand einer bislang geltenden Rechtsnorm erfüllt hat, auch die dafür vorgesehene Rechtsfolge grundsätzlich weiterhin beanspruchen, es sei denn, Regelungen zum Verfahren (wie Anmeldefristen) oder zur Verjährung sprechen dagegen.

      Beispiel:

      Der Schadenersatzanspruch aus einem Unfall vor der Neuregelung der Haftungsbestimmung wurde noch nicht geltend gemacht.

      Einschränkung:

      Ist bereits ein behördliches oder gerichtliches Verfahren anhängig, kann der Sachverhalt bzw. das Rechtsverhältnis je nach Verfahrensordnung allerdings als nicht abschließend geregelt angesehen werden und kann von der Neuregelung – ggf. in Verbindung mit einer bestehenden prozessualen Regelung – erfasst sein.

    • Eine Übergangsvorschrift kann erforderlich sein,

      • wenn die tatsächlichen Verhältnisse noch nicht sogleich dem angestrebten Rechtszustand entsprechen können – z. B. wenn Bürger oder Unternehmen erst nach Inkrafttreten des Gesetzes bestimmte Maßnahmen ergreifen können, um der Neuregelung zu entsprechen;
      • um Zweifeln an einem Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vorzubeugen (Rn. 16 ff.).
    • Wenn für bestehende nicht abgeschlossene oder nicht abschließend geregelte Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse anstelle des neuen Rechts anderes Recht gelten soll (z. B. altes Recht oder besonderes Übergangsrecht), müssen Übergangsvorschriften dies ausdrücklich regeln.

      Eine Übergangsvorschrift, die die Anwendung des neuen Rechts für abgeschlossene oder abschließend geregelte Sachverhalte bzw. Rechtsverhältnisse ausschließt oder bei diesen das bisherige Recht für weiter anwendbar erklärt, hat zwar lediglich deklaratorischen Charakter, kann aber zur Klarstellung dennoch nützlich sein.

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