Gutes Recht ist eine tragende Säule für den demokratischen Rechtsstaat und für eine funktionierende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Seit die Bundesrepublik Deutschland gegründet und dem Bundesjustizministerium die rechtliche und förmliche Prüfung von Regelungsentwürfen übertragen wurde, haben sich die Bedingungen, um gutes Recht zu schaffen, stetig verändert: Die zu regelnden Sachverhalte sind überwiegend komplexer geworden und die Digitalisierung beschleunigt sowohl politische Debatten wie auch die Abläufe in der Rechtsetzungspraxis der Ministerien und des Parlaments. Zugleich wirkt die europäische Integration massiv auf unsere Rechtsordnung ein.
Die Anforderungen an gutes Recht sind indes gleich geblieben: Rechtsvorschriften müssen nicht nur in inhaltlicher und in juristischer Hinsicht korrekt, sondern sollten auch übersichtlich gestaltet und möglichst verständlich formuliert sein. Hierfür leistet das Handbuch der Rechtsförmlichkeit des Bundesministeriums der Justiz seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1991 einen wesentlichen Beitrag. Es bietet mit seinen Empfehlungen zur Gesetzgebungstechnik und für die Formulierung von Rechtsvorschriften einen Rahmen und einheitlichen Maßstab, der weit über die Bundesgesetzgebung hinauswirkt und auch international höchste Anerkennung genießt.
Als zentrales Standardwerk der Legistik liegt das Handbuch nun in 4. – und vollständig überarbeiteter – Auflage vor. Es enthält unter Beibehaltung seiner bewährten Konzeption weiterhin die für jedes Rechtsetzungsvorhaben geltenden rechtssystematischen und rechtsförmlichen Vorgaben, zugleich aber auch Empfehlungen für besondere Konstellationen. Für die Neuauflage wurden Erfahrungen aus der Rechtsprüfung seit der im Jahr 2008 erschienenen letzten Auflage gesammelt und ausgewertet. Eingeflossen sind insbesondere Erfahrungen der Gesetzesredaktion des Bundesjustizministeriums, die sich auf die sprachliche Qualität von Entwürfen von Rechtsvorschriften konzentriert. Ziel war es zugleich, Maßgaben der vorangegangenen 3. Auflage zu präzisieren und zu vereinfachen. Die Vorgaben werden wie bei allen Vorauflagen durch etliche Beispiele und Beispielformulierungen veranschaulicht.
Hinweisen möchte ich auf die Ausführungen zum Umgang mit Personenbezeichnungen in der Gesetzessprache. In der Gesellschaft ist die Debatte um eine angemessene geschlechtsinklusive Sprache im Fluss. Der Staat hat kein Mandat, dem sprachnormierend vorzugreifen. Zudem haben wir auf sprachliche Verständlichkeit und Prägnanz zu achten. Aus all diesen Gründen verzichten wir nicht auf das generische Maskulinum und verwenden auch keine sogenannten Genderzeichen wie Doppelpunkt, Unterstrich oder Sternchen, die auch der Rat für deutsche Rechtschreibung weiterhin nicht in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen empfiehlt.
Neben der Neuauflage dieses Handbuchs wollen wir den Legisten und Legistinnen künftig weitere Werkzeuge an die Hand geben und ihnen moderne legistische Fähigkeiten vermitteln, um die Qualität der Gesetzesvorlagen weiter zu steigern. Daher baut das Bundesjustizministerium das im Koalitionsvertrag vereinbarte Zentrum für Legistik auf: In diesem Zentrum sollen etwa moderne Arbeitsmethoden vermittelt und die wissenschaftliche Fortentwicklung der Gesetzgebungslehre gefördert werden, um neue Erkenntnisse für die Staatspraxis und auch für dieses Handbuch zu gewinnen. Insbesondere soll das methodische Arbeiten in der Frühphase der Entwurfserstellung gestärkt werden.
Das Handbuch der Rechtsförmlichkeit leistet einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung von Recht, das juristisch richtig, verständlich und damit wirksam ist. Es gehört auf den Schreibtisch eines jeden, der sich in Politik und Verwaltung mit Rechtsetzung beschäftigt.
(Dr. Marco Buschmann)
Bundesminister der Justiz