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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil H Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen

4 Regelungsteil des Vertragsgesetzes

    • In das Vertragsgesetz sollen keine Regelungen zur innerstaatlichen Ausführung des völker-rechtlichen Vertrages aufgenommen werden (sog. Bepackungsverbot), denn

      • Vertragsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen werden in der parlamentarischen Bera-tung anders als andere Gesetze behandelt (§ 78 Absatz 1, § 81 Absatz 4, § 82 Absatz 2 und § 86 Satz 4 GOBT),
      • die Veröffentlichung der Vertragsgesetze erfolgt im Bundesgesetzblatt Teil II klar getrennt von der Veröffentlichung innerstaatlicher Regelungen im Bundesgesetzblatt Teil I (§ 76 Absatz 1 und 2 GGO) und
      • Vertragsgesetze werden von der Normendokumentationsstelle im Bundesamt für Justiz gesondert dokumentiert.

      Daher sind die infolge eines Vertragsgesetzes erforderlichen innerstaatlichen Regelungen ei-nem besonderen Ausführungsgesetz vorbehalten.

      Ausnahmen können jedoch in besonderen Fällen sachgerecht sein, insbesondere bei

      • Straf- und Bußgeldvorschriften unter den in Rn. 761 genannten Voraussetzungen,
      • Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die ausschließlich der Inkraftset-zung von Änderungen eines Übereinkommens dienen (Rn. 762), und
      • Regelungen zur Änderung von Vorschriften, nach deren Maßgabe völkerrechtliche Ver-tragsbestimmungen auszuführen sind.
    • Übereinkommen und die dazugehörigen Vertragsgesetze werden im Fundstellennachweis B dokumentiert, innerstaatliche Regelungen zur Durchführung von Übereinkommen dagegen im Fundstellennachweis A. Ein Vertragsgesetz, das ausnahmsweise weitere Regelungen, insbesondere Straf- bzw. Bußgeldvorschriften oder Verordnungsermächtigungen zur Inkraftsetzung von Vertragsänderungen (Rn. 762) enthält, ist sowohl im Fundstellennachweis B als auch im Fundstellennachweis A zu erfassen.

    • Verpflichtet der völkerrechtliche Vertrag die Vertragsparteien zur strafrechtlichen Bewehrung bestimmter Verhaltensweisen, sind besondere Strafvorschriften zu erlassen (Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes). Entsprechendes gilt für Bestimmungen über Verfall und Einziehung. Diese Vorschriften dürfen ausnahmsweise im Vertragsgesetz stehen, wenn

      • es kein gesondertes Ausführungsgesetz zu diesem Vertrag gibt oder
      • ein Standort in einem anderen Stammgesetz nicht gefunden werden kann.

      Ist der betreffende Tatbestand im Vertrag hinreichend bestimmt, so erfolgt die Bewehrung durch Verweisung auf die betreffende Vorschrift im Vertrag unter gleichzeitiger Regelung der strafrechtlichen Folgen. Genügt die betreffende Vorschrift im völkerrechtlichen Vertrag nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes), wird im Gesetz ein selbständiger Tatbestand formuliert.

      Dasselbe gilt bei bußgeldrechtlicher Bewehrung.

      Verpflichtet der Vertrag die Vertragsparteien zur Bewehrung bestimmter Verhaltensweisen, ohne eine bestimmte Art der Bewehrung vorzuschreiben, so bleibt es der Bundesrepublik Deutschland überlassen, dieser Verpflichtung durch Einführung von Straf- oder Bußgeldvorschriften nachzukommen. In diesen Fällen darf eine Strafbewehrung nur erfolgen, wenn ein Bedürfnis dafür unabweisbar ist, insbesondere wenn – unter Berücksichtigung der straf- und bußgeldrechtlichen Bewehrung vergleichbarer innerstaatlicher Vorschriften – eine Bußgeldbewehrung im Hinblick auf Unrechtsgehalt und soziale Schädlichkeit der zu sanktionierenden Verhaltensweise nicht genügt. Bußgeldvorschriften reichen in der Regel aus, soweit reines Verwaltungsunrecht zu bewehren ist.

      Zur Formulierung der Straf- und Bußgeldvorschriften wird auf das Handbuch des Nebenstrafrechts (Rn. 41) verwiesen.

      Die Straf- oder Bußgeldvorschrift ist unter Darlegung ihrer Notwendigkeit in der Begründung zum Vertragsgesetz zu erläutern. Die Notwendigkeit der strafrechtlichen Bewehrung ist gesondert darzulegen.

    • Mehrseitige völkerrechtliche Verträge können die Möglichkeit zur Änderung oder zur Ergänzung des Vertragswerks durch Beschlüsse der Vertragsstaaten oder bestimmter Vertragsorgane vorsehen. Gelegentlich enthalten auch zweiseitige Verträge Bestimmungen über die Vereinbarung ergänzender Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen (siehe auch Rn. 782 ff.).

      Handelt es sich um Vertragsänderungen oder -ergänzungen, die sich auf Gegenstände der Gesetzgebung beziehen und daher nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften bedürfen, sollte zur Entlastung des Gesetzgebers im Vertragsgesetz eine Ermächtigung zur Umsetzung solcher Änderungen oder Ergänzungen im Wege der Rechtsverordnung vorgesehen werden, wenn der Gegenstand der Änderungen oder Ergänzungen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß (Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes) hinreichend bestimmt ist. Die Ermächtigung ist so bestimmt zu fassen, dass sich voraussehen lässt, in welchen Fällen und mit welchem Ziel von ihr Gebrauch gemacht werden kann.

      Eine solche Verordnungsermächtigung soll in einem eigenen Artikel stehen.

    • Eine Verordnungsermächtigung zur Inkraftsetzung von Änderungen eines Vertrages kann mithilfe einer konkreten Verweisung auf die einschlägige Regelung in dem Vertrag wie folgt formuliert werden:

      Die Bundesregierung [ggf.: Das Bundesministerium ...] wird ermächtigt, Änderungen zu Artikel ... [Kapitel u. Ä.] des Vertrages [o. Ä.] gemäß Artikel ... durch Rechtsverordnung mit/ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft zu setzen.

      Die Ermächtigung kann aber auch Inhalt, Zweck und Ausmaß selbständig bestimmen:

      Die Bundesregierung (ggf.: Das Bundesministerium ...) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit/ohne Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des Artikels ... des Vertrages Vorschriften zu erlassen über...
      1. ...
      2. ...
      3. ...

      Ist der Regelungsrahmen durch den völkerrechtlichen Vertrag insgesamt nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eindeutig festgelegt, kann auch die folgende Fassung gewählt werden:

      Die Bundesregierung (ggf.: Das Bundesministerium ...) wird ermächtigt, Änderungen des Artikels/der Artikel [Anlage o. Ä.] ... des Vertrages [o. Ä.] nach seinem Artikel ..., die sich im Rahmen der Ziele des Vertrages [o. Ä.] halten, durch Rechtsverordnung mit/ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft zu setzen.

      In der Begründung zum Entwurf des Vertragsgesetzes sind noch einmal im Einzelnen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zu erläutern.

    • Bei umfangreichen Änderungen eines völkerrechtlichen Vertrages kann die Bekanntmachung einer Neufassung des völkerrechtlichen Vertrages zweckmäßig sein. In diesen Fällen sollte das Gesetz zur ändernden Vereinbarung bereits vorsehen, dass das fachlich zuständige Bundesministerium den Vertrag in der neuen Fassung bekannt machen kann.

      Die Ermächtigung ist wie folgt zu formulieren:

      Das Bundesministerium ... kann den Vertrag [o. Ä.] vom ... über ... in der durch das Protokoll [o. Ä.] vom ... geänderten Fassung (mit einer amtlichen deutschen Übersetzung) in der vom … an geltenden Fassung bekannt machen.

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