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Handbuch der Rechtsförmlichkeit

Teil C Stammgesetze

    • Regelt der Bundesgesetzgeber ohne Zustimmung des Bundesrates die Behördeneinrichtung oder das Verwaltungsverfahren der Länder bei der Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit (Artikel 83, 84 Absatz 1 des Grundgesetzes), so können die Länder davon abweichende Regelungen treffen.

      Der Bund kann das Verwaltungsverfahren der Länder jedoch auch so regeln, dass diese keine Abweichungsmöglichkeit haben, wenn ausnahmsweise ein besonderes Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung besteht.[33] Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. In der Gesetzesbegründung ist darzustellen, warum ein Ausnahmefall wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung vorliegt (§ 43 Absatz 3 GGO).

      Bei Regelungen der Behördeneinrichtung (darunter fallen vor allem Aufgabenzuweisungen an bestimmte Landesbehörden) kann das Abweichungsrecht nicht ausgeschlossen werden.

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      [33] Zu Einzelheiten siehe das Gemeinsame Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums der Justiz vom 30. August 2006 zu den Auswirkungen der Föderalismusreform auf die Vorbereitung von Gesetzentwürfen der Bundesregierung und das Gesetzgebungsverfahren (siehe den gleichlautenden Bericht der Bundesregierung, Bundesratsdrucksache 651/06).

    • Für den Ausschluss einer Abweichungsmöglichkeit der Länder gibt es verschiedene rechtsförmliche Möglichkeiten (Anlage 4 Nummer 4 GGO):

      Regelungen des Verwaltungsverfahrens der Länder, für die keine Abweichungsmöglichkeit bestehen soll, sind in einer Schlussvorschrift des jeweiligen Stammgesetzes unter der Überschrift „Ausschluss abweichenden Landesrechts“ zu benennen:

      Von den in den §§ … getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Sind hier Verordnungsermächtigungen enthalten und sollen die Länder auch vom danach erlassenen Verordnungsrecht nicht abweichen dürfen, so lautet die Formulierung:

      Von den in den §§ … oder auf ihrer Grundlage getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Ist lediglich eine Vorschrift betroffen, kann der Ausschluss in der betreffenden Norm selbst geregelt werden. Dabei kann auf die Textstelle verwiesen werden, die die verfahrensrechtliche Regelung enthält, oder es kann die verfahrensrechtliche Regelung inhaltlich beschrieben werden:

      Von Absatz/Satz/Nummer ... kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Von einer Rechtsverordnung nach Absatz/Satz/Nummer ... kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Von dem Genehmigungsverfahren kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Von den Regelungen einer Rechtsverordnung über ... kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Auf eine Einzelaufzählung kann in jenen Ausnahmefällen verzichtet werden, in denen der Ausschluss alle Regelungen zum Verwaltungsverfahren der Länder erfassen soll, die das Stammgesetz enthält. Dann kann in einer Schlussvorschrift des Stammgesetzes unter der Überschrift „Ausschluss abweichenden Landesrechts“ formuliert werden:

      Von den in diesem Gesetz getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Sind hier Verordnungsermächtigungen enthalten und sollen die Länder auch vom danach erlassenen Verordnungsrecht nicht abweichen dürfen, so lautet die Formulierung:

      Von den in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

      Praxistipp

      Da eine Ausschlussregelung für alle Regelungen zum Verwaltungsverfahren der Länder dazu führt, dass spätere Gesetzesänderungen zum Verfahrensrecht zustimmungsbedürftig sind, sollte die generelle Ausschlussregelung zurückhaltend verwendet werden. Es kann vorzugswürdig sein, auch hier alle vom Abweichungsrecht ausgeschlossenen Regelungen einzeln zu nennen, um so spätere Rechtsänderungen zu erleichtern.

    • Wenn eine Verfahrensregelung bereits durch EU-Recht oder Völkerrecht bindend vorgegeben ist und kein Umsetzungsspielraum besteht, gibt es kein Abweichungsrecht der Länder, das durch den Bundesgesetzgeber ausgeschlossen werden könnte.

    • Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes getroffen, dürfen in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen zur Einrichtung von Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft treten, soweit nicht – etwa wegen fristgebundener Umsetzung von EU-Recht – mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist (Artikel 84 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes). Für den Bundesgesetzgeber sind somit drei Möglichkeiten denkbar, um das Inkrafttreten solcher Regelungen zu bestimmen:

      • Die Regelungen werden zu einem einheitlichen Zeitpunkt in Kraft gesetzt, der mindestens sechs Monate nach der Verkündung liegt. Ggf. bietet sich hierfür ein gespaltenes Inkrafttreten an (Rn. 171 ff.). Das ist die einfachste Möglichkeit, da weder nach einzelnen Ländern unterschieden werden muss, noch die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.
      • Die Regelungen werden zu einem einheitlichen Zeitpunkt in Kraft gesetzt, der vor Ablauf der 6-Monats-Frist liegt. Ein vorzeitiges Inkrafttreten bedarf allerdings der Zustimmung des Bundesrates (Artikel 84 Absatz 1 Satz 4 des Grundgesetzes).
      • Die Regelungen werden unter Beachtung der Mindestfrist von sechs Monaten für diejenigen Länder in Kraft gesetzt, in denen abweichende Regelungen getroffen worden sind, für alle anderen Länder wird ein früherer Inkrafttretenszeitpunkt bestimmt. Das Gebot der Rechtsklarheit verlangt hierbei, dass in der Inkrafttretensregelung genau bestimmt wird, welche Regelungen in welchen Ländern zu welchem Zeitpunkt in Kraft treten. Soll das Inkrafttreten in einer solchen Weise aufgespaltet werden, sind das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium frühzeitig zu beteiligen.

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